15.03.12

EINFÜHRUNG Die induzierte Eltern-Kind-Entfremdung und ihre Folgen (Parental Alienation Syndrome - PAS)

Informationen zu Eltern-Kind-Entfremdung und zum Parental Alienation Syndrome (PAS)/Syndrome d‘Aliénation Parentale (SAP)

In den letzten Jahren sehen wir in der psychiatrischen und psychotherapeutischen Praxis vermehrt sowohl erwachsene Scheidungskinder als auch betroffene Eltern, die durch Entfremdung und Kontakt­abbruch nach Trennung/Scheidung erheblich traumatisiert sind. Diese Menschen kommen häufig mit schweren psychischen und/oder psychosomatischen Beschwerden zur Beratung/ Behandlung. 



Neuere Forschungen bezeichnen die Folge von induzierter Eltern-Kind-Entfremdung als "Pathological Alienation", „Parental Alienation“ „Parental Alienation Disorder“, „Alienated Child“ oder „Parental Alienation Syndrome“. Den Begriff ‚“Parental Alienation Syndrome“ führte der in 2003 verstorbene amerikanische Kinderpsychiater Richard A. Gardner erstmals 1985 ein. Standardwerke zu PAS sind sein 1992 in 1. Auflage, 1998 in 2. Auflage erschienenes Buch „The Parental Alienation Syndrome – a guide for mental health and legal professionals” und Gardner/Sauber/Lorandos (2006) “The International Handbook of Parental Alienation Syndrome”. 

Beim Elterlichen Entfremdungssyndrom (Parental Alienation Syndrome/PAS) han­delt es sich um einen speziellen Subtyp von Eltern-Kind-Entfremdung – vorwiegend – bei Trennungs- und Scheidungskonflikten i. S. einer induzierten kindlichen Folgestörung von schwer manipulativem (indoktrinierendem) Fehlverhalten von Eltern und/oder anderen wichtigen Bezugspersonen. Dabei lehnt das Kind irrational und ohne realen Grund jeden Kontakt zu einem zuvor geliebten und kompetenten Elternteil radikal ab.

R. A. Gardner definierte PAS wie folgt: „Das Syndrom Elternentfremdung (Parental Alienation Syndrome)“ ist eine Störung des Kindesalters, die fast ausschließlich im Zusammenhang mit Sorgerechtsstreitigkeiten auftritt. Die Störung äußert sich hauptsächlich in einer Ablehnungshaltung des Kindes gegenüber einem Elternteil, die in keiner Weise gerechtfertigt ist. Diese Haltung entsteht aus dem Zusammenwirken von Indoktrinierung durch einen programmierenden (eine Gehirnwäsche betreibenden) Elternteil und dem eigenen Beitrag des Kindes zur Verunglimpfung des zum Feindbild gewordenen anderen Elternteils. Im Fall von echtem Kindesmissbrauch und/oder Vernachlässigung kann die Feindseligkeit des Kindes begründet sein; in diesem Fall darf das Parental Alienation Syndrome als Erklärung für die feindliche Haltung des Kindes nicht herangezogen werden.“

Das Konzept „Parental Alienation Syndrome“ wird also durch drei Elemente definiert:
  1. Ablehnung oder Verunglimpfung eines Elternteils, die das Ausmaß einer Kampagne erreichen, d. h. andauernd und nicht nur als gelegentliche Episode.
  2. Die feindselige Ablehnungshaltung ist irrational, d.h. die Entfremdung ist nicht eine angemessene Reaktion auf das Verhalten des abgelehnten Elternteils und beruht nicht auf tatsächlich gemachten negativen Erfahrungen mit dem zurückgewiesenen Elternteil.
  3. Sie ist Teilresultat des Einflusses des entfremdenden Elternteils [und/oder anderer
    wichtiger Bezugspersonen].
Wenn eines dieser drei Elemente fehlt, kann nicht von PAS gesprochen werden.
        Bei PAS – vor allem bei der mittelschweren (moderate) und schweren (severe) Form – lässt sich ein Komplex von acht Hauptsymptomen im Verhalten des Kindes identifizieren (bei der leich­ten – mild – Form sind ggf. nicht alle vorhanden). Diese können in Stärke und Ausprägung variieren, was für die Art der notwendigen rechtlichen und psychologischen Interventionen von Bedeutung ist:
  1. Unbegründete Zurückweisungs- und Verunglimpfungskampagne
  2. Absurde Rationalisierungen
  3. Fehlen von normaler Ambivalenz
  4. Reflexartige Parteinahme für den programmierenden Elternteil
  5. Ausweitung der Feindseligkeit auf die gesamte Familie und das Umfeld des zurückgewiesenen Elternteils
  6. Das Phänomen der „eigenen Meinung“
  7. Verleugnung von Schuldgefühlen über die Grausamkeit gegenüber dem entfremdeten Elternteil
  8. Übernahme „geborgter Szenarien“
Die Diagnose und der Schweregrad des PAS werden anhand des kindlichen Verhaltens festgestellt und nicht aufgrund des Ausmaßes der Manipulation, der das Kind ausgesetzt ist. Eine sorgfältige Diagnostik des gesamten Familiensystems und die Identifizierung der mani­pulie­renden Person(en) sind unabdingbar. Auch die Rolle des sog. entfremdeten Elternteils und ggf. dessen Anteile am Ent­fremdungsprozess müssen sehr genau abgeklärt werden, um Fehldiagnosen zu vermeiden.

PAS ist nicht „Umgangsvereitelung“ oder „jedwede Art von Kontaktverweigerung und/oder Entfremdung“ eines Kindes gegenüber dem außerhalb lebenden Elternteil bei Trennung/Scheidung – wie viele meinen –, sondern eine psychiatrisch relevante kindliche Störung aufgrund einer psychischen Traumatisierung. Im Unterschied zu anderen, z. B. psychodynamischen Erklärungsversuchen von kindlicher Kontaktverweigerung liegt bei PAS regelmäßig eine massive Umgangsbehinderung/-vereitelung und/oder Manipulation/Indoktrination des Kindes vor. Die aktive Manipulation erfolgt – bewusst oder unbewusst – durch den hauptsächlich betreuenden Elternteil und/oder andere wichtige Bezugspersonen (nicht geschlechtsspezifisch!), von denen das Kind abhängig ist. Bei den manipulierenden Bezugspersonen lassen sich häufig psychische Auffälligkeiten identifizieren, z. B. schwere narzisstische und/oder Borderlinee-Persönlichkeitsstörungen, traumatische Kindheitserfahrungen, paranoide Verarbeitung der Scheidungskrise und/oder Psychosen. Auch Einstellung und Verhalten professioneller Scheidungsbegleiter spielen im weiteren Verlauf von Entfremdungsprozessen eine wichtige Rolle.

Wichtige Entfremdungstechniken bei der Induktion von PAS sind u. a. Abwertung, realitätsverzerrende Negativdarstellung des anderen Elternteils, Umgangsboykott, Kontaktunterbrechung, gezielte Fehlinformationen, suggestive Beeinflussung und/oder Vermittlung von verwirrenden Doppelbotschaften. Bisweilen wird direkte psychische (z.B. Androhung von Liebesentzug und/oder Suizid) und körperliche Gewalt (z. B. Schläge, Einsperren) gegen die Kinder eingesetzt. Der ohnehin bestehende Loyalitätskonflikt des Kindes wird verschärft. Angst, Abhängigkeit und Identifikation mit dem Entfremder spielen bei der Entstehung der kindlichen Symptomatik eine wichtige Rolle. Eine verwandte Psychodynamik findet sich beim Stockholm-Syndrom bei Geiselnahmen oder auch bei Sektensystemen. Manche Fälle von PAS der hochgradigen Form zeigen in ihrer Dynamik Gemeinsamkeiten mit dem „Münchhausen-by-Proxy-Syndrom“, einer schweren kindlichen Störung, bei der Eltern an ihren Kindern Krankheitssymptome vortäuschen bzw. künstlich erzeugen. Die betroffenen Kinder sind auf Hilfe von außen angewiesen.
Um PAS-betroffenen Kindern durch geeignete präventive und interventionelle Maßnahmen besser helfen zu können, wird von zahlreichen internationalen Fachleuten eine Aufnahme der Diagnose „Parental Alienation Syndrome“ (oder „Parental Alienation Disorder“) im Sinne einer induzierten kindlichen Folgestörung von schwer manipulativem elterlichem Fehlverhalten bei Trennung und Scheidung in das DSM V, der American Psychiatric Association für wünschenswert gehalten. 3 Bei PAS-Fällen wird die Diagnose durch scheidungsbegleitende Fachleute häufig nicht gestellt, die psychotraumatischen Folgen unter Umständen bagatellisiert und notwendige Interventionen unterbleiben - unter anderem mit dem Hinweis darauf, dass die Diagnose „Parental Alienation Syndrome (PAS)“ nicht im DSM(-IV) enthalten sei. Die entfremdungsmanipulierten Kinder werden oft jahrelang in einem pathologischen Umfeld sich selbst überlassen mit erheblichen Risiken für ihre psychologische Entwicklung und Gesundheit..

Es bleibt abzuwarten, ob bis zum Abschluss der Vorbereitungen zum DSM-5 genügende klinische Forschungsergebnisse vorliegen, um offene Fragen zu Gültigkeit und Verlässlichkeit der Diagnose PAS, zu Langzeitwirkungen der PAS-Induktion beim Scheidungskind und zur Wirksamkeit effektiver Interventionen bei den verschiedenen Schweregraden dieser speziellen kindlichen Störung weiter zu klären. Verschiedene bisherige Studien weisen darauf hin, dass mittlere bis schwere Entfremdungsszenarien, neben direktiven psychotherapeutischen Vorgehensweisen, vor allem strukturelle Interventionen in Form von gerichtlich angeordneten Sorge-, Umgangs- und Aufenthaltsregelungen erforderlich machen, um den Zugang des Kindes zu beiden Eltern zu schützen (z. B. Lampel, 1986; Clawar & Rivlin, 1991; Dunne & Hedrick, 1994; Gardner, 2001; Kopetski, Rand & Rand, 2005). Eine wichtige klinische Forschungsaufgabe scheint zu sein, zu klären, wie weit Zusammenhänge zwischen der Induktion von PAS beim Scheidungskind und späteren Borderline-, Persönlichkeits- oder anderen Trauma-Folgestörungen im Erwachsenenalter sowie eine transgenerationale Weitergabe entsprechend pathologischer Verhaltensmuster bestehen. Des Weiteren, ob und welche Psychopathologie sich bei schwer entfremdenden Eltern nachweisen lässt, welche Rolle evtl. der sog. entfremdete Elternteil und ggf. auch beteiligte Fachprofessionen im Entfremdungsprozess spielen. Es bleibt zu hoffen, dass die erhebliche Konfusion zur Begrifflichkeit von Parental Alienation und Paren­tal Alienation Syndrome/Parental Alienation Disorder beendet werden kann, um pathologisch entfremdeten Scheidungskindern und ihren Familien in der Praxis besser als bisher zu helfen.

Weitere Informationen zu Eltern-Kind-Entfremdung und zum Parental Alienation Syndrome (PAS)/Syndrome d’Aliénation Parentale (SAP)

1.             Ein Überblick über die internationale, wissenschaftl. Literatur zu Eltern-Kind-Entfremdung und PAS findet sich unter: http://home.att.net/~rawars/pasarticles.html und www.beideeltern.de/paslit.php.
Die internationale Fachliteratur weist inzwischen mehr als 600 wissenschaftlich relevante Publikationen aus mehr als 30 Ländern und 6 Kontinenten zum Thema Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome auf (s. Bernet, W. et al.: "Parental Alienation, DSM-V and ICD 11" in American Journal of Family Therapy, 38: 76 – 187, 2010. Siehe dort speziell "References", S. 143 – 182.
http://dx.doi.org/10.1080/01926180903586583
).
2.             Im Juli 2006 erschien: Gardner/Sauber/Lorandos “International Handbook of Parental Alienation Syndrome: Conceptual, Clinical and Legal Considerations” im Charles C. Thomas Publisher Ltd., Springfield, Illinois. Es ist ein qualitativ sehr bemerkenswertes und umfassendes Lehrbuch für interessierte Fachleute der verschiedenen scheidungs­begleitenden Professionen. In diesem Handbuch stellen 32 Experten aus 8 Ländern die heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Parental Alienation Syndrome und zu den damit zusammenhängenden Fragestellungen in Theorie und Praxis vor. Inhalt und Details zu dem Handbuch finden Sie unter http://www.ccthomas.com/details.cfm?P_ISBN13=9780398076474 (Bestellung direkt beim Verlag, bei Amazon.com (US) oder sonstigem Buchhandel).         

In der professionellen Datenbank der American Psychological Association (APA) finden sich zwei Hinweise zu Rezensionen zum „International Handbook of Parental Alienation Syndrome“:
Robert M. Pressmann, American Journal of Family Therapy. Vol. 35 (3) May-Jun 2007, 284 – 285. " The International Handbook of Parental Alienation Syndrome (IHPAS) is a powerful volume that provides therapists and justices a wealth of knowledge and wisdom that may positively impact the lives of children who have become fodder in marital and custodial conflicts. The International Handbook of Parental Alienation Syndrome delivers on several fronts. Structurally, it is comprehensive, well organized and easy to navigate. It provides both an historic and crosscultural perspective. It reads well, with many brief case presentations as illustrations. In addition, it provides solid diagnostic and treatment guidance." (APA PsycINFO Database Record 2007). 
Christine Dunkley, British Journal of Guidance & Counseling. Vol 25 (3) Aug 2007, 357 – 358 "The strengths of this volume are its comprehensiveness and its clinical components. There is much to learn from the contributions about how children are manipulated in the aftermath of separation, and how to prevent and repair the damage. I would recommend it to any child welfare professional, particularly those involved in residency and contact disputes." (APA  PsycINFO Database, 2007).

3.             In 2007 erschien zum Thema Parental Alienation Syndrome das sehr informative Fachbuch des englischen, klinischen und forensischen Psychologen L. F. Lowenstein „Parental Alienation – How to Understand and Address Parental Alienation Resulting from Acrimonious Divorce or Separation“ bei Russell House Publishing, Lyme Regis Dorset, www.russellhouse.co.uk. Auf dem Hintergrund der internationalen Forschung beschäftigt sich dieses Buch mit den Problemen und den Folgen bei PAS-betroffenen Kindern und bei von Entfremdung und Kontaktabbruch betroffenen Eltern. Ausführlich wird die Rolle der juristischen Fachprofessionen behandelt und detailliert auf therapeutische Interventionen bei PAS eingegangen. Lowenstein erläutert in einem eigenen Kapitel dieses Buches das Stockholm-Syndrom im Zusammenhang mit dem bekannten österreichischen „Entführungsfall Natascha Kampusch“ und zeigt die Verwandtschaft zum Parental Alienation Syndrome (PAS) auf.

4.             Ein wissenschaftlich guter Überblick über die Kontroversen im Zusammenhang mit PAS findet sich in Warshak, R. A.: „Eltern-Kind-Entfremdung und Sozialwissenschaften – Sachlichkeit statt Polemik, Zentralblatt für Jugendrecht (ZfJ), 92 (5) 2005, 186 – 200 (Amerik. Text: „Social Science and Parental Alienation: Examining the Disputes and the Evidence“, in: Gardner, Sauber & Lorandos, 2006, The Interna­tional Handbook of Parental Alienation Syndrome, S. 352 - 371). Diese Publikation ist eine Aktualisierung seines Artikels: "Bringing Sense to Parental Alienation: A Look at the Disputes and the Evidence" in Fam­ily Law Quarterly 2003, 37 (2): 273 - 301. Professor Warshak stellt in dieser Arbeit den gegenwärtigen Stand der Forschung zu PAS vor. Er geht ausführlich auf die bekannten Kritikpunkte ein und gibt in der Darstellung des PAS-Konzeptes zahlreiche Anregungen für die weitere wissenschaftliche Forschung. Außer dem Konzept „Parental Alienation Syndrome“ (R. A. Gardner) beschäftigt er sich darin auch mit dem von Kelly und Johnston (2001) entwickelten alternativen Konzept „Das entfremdete Kind“. Auch nimmt er in dieser Arbeit zu speziellen Kontroversen um PAS Stellung, u. a. zu dem äußerst fragwürdigen Artikel von C. S. Bruch, „Parental Alienation Syndrome und Parental Alienation: Wie man sich in Sorgerechtsfällen irren kann“ (FamRZ 2002, 49 (19): 304 – 315/amerik. Originaltitel: Parental Alienation Syndrome: Getting it Wrong in Child Custody Cases. Family Law Quarterly 35 (3) 2001: 527 – 552), der trotz vernichtender Kritik durch namhafte internationale Fachleute, z. B. in Deutschland immer noch zur Bagatellisierung des Problems der induzierten Eltern-Kind-Entfremdung angeführt wird.

5.             Der Standardkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) Palandt, C. H. Beck-Verlag, München, 2006, 65. Aufl., Bd. 7, § 1684, Rd.-Nr. 7, S. 1970 und 2007, 66. Aufl.,  Bd. 7, § 1684, Rd.-Nr. 7, S. 1975 sowie auch 2008, 67. Aufl., § 1684, Rd.-Nr. 9, S. 1952 weist im Zusammenhang mit dem Parental Alienation Syndrome (PAS) auf diese Arbeit von Warshak in ZfJ 05, S. 186 – 200 hin.

6.           Ausführliche Kommentare zur PAS-Diskussion finden sich in
       a) J. von Staudingers, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit               Einführungsgesetz und Nebengesetzen, Buch 4 Familienrecht §§ 1684 – 1717               (Elterliche Sorge 3 – Umgangsrecht), Neubearbeitung 2006 von Michael               Coester, Thomas Rauscher, Ludwig Salgo, Sellier – de Gruyter-Verlag, Berlin,               Randnummer 37 – 39, Seite 55 – 60. (Lesenswert hier auch Randnummer 16 a               und b, Hinweise zu EMRK-Urteilen, z. B. Elzholz, Sommerfeld, Sahin, Haase und               Görgülü).
       b)   Ebenfalls Büte, D. in: Gerhardt, P./von Heintschel-Heinegg, B. & Klein, M.,               Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 6. Aufl., 2008, 4. Kapitel,               Randnummer 595 – 599, S. 446 – 447. Luchterhand-Verlag, München..

7.             Zu den Themen „Parental Alienation Syndrome“, „Verhaltensmuster und Persönlichkeitsstruktur entfremdender Eltern“ und „Problematik kinderpsychiatrischer Atteste im Umgangs- und Sorgerechtsstreit“ schreibt W. Andritzky in: Deutsches Ärzteblatt, 100 (2) 2003, S. 81 – 82, in: Psychotherapie in Psychiatrie, Psychotherapeutischer Medizin und klinischer Psychologie 7 (2) 2002, S. 166 – 182 und in: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 52 (10) 2003, S. 794 – 811. Siehe auch in englischer Sprache: The International Handbook of Parental Alienation Syndrome. Conceptual, Clinical and Legal Considerations (eds. R. A. Gardner, S. R. Sauber, D. Lorandos) C. C. Thomas Publ., Springfield, Ill., 2006, p. 195 – 208.

8.             Mit den psychischen Folgen der PAS-Induktion für entfremdungsmanipulierte Scheidungskinder und für von Entfremdung und Kontaktabbruch betroffene Mütter und Väter beschäftigen sich v. Boch-Galhau & Kodjoe in der Interdisziplinären Fachzeitschrift Kindesmisshandlung und vernachlässigung 6 (1/2) 2003, S. 66–97, der Deutschen Gesellschaft gegen Kindesmisshandlung und vernachlässigung
(DGgKV; www.dggkv.de) - mit Fallbeispielen.

9.             Das Handbuch „Kindesmisshandlung und Vernachlässigung“ von Deegener, G. und Körner, W., (Hrsg.) Hogrefe, Göttingen, 2005, erwähnt auf den Seiten 684f. und 694 das „Parental Alienation Syndrome“ als eine besondere Form von psychischer Gewalt gegen Kinder im Kontext von Sorge- und Umgangskonflikten, was wir für bemerkenswert halten.


10.             Hingewiesen sei auf: Katona, E. (2007). Parental Alienation Syndrome - Der Verlust des eigenen Kindes durch Trennung und Scheidung. Eine Studie über den Verlauf des Kontaktabbruchs zum eigenen Kind und der daraus resultierenden Auswirkungen. Unveröffentlichte Diplomarbeit am Psychologischen Institut der Universität Freiburg i. Br. (http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/6203). Die Psychologin Esther Katona analysierte in ihrer umfangreichen Diplomarbeit (2007), wie es Vätern und Müttern geht, die von ihren Kindern abgetrennt leben. 80 % der Teil­neh­mer dieser Studie hatten ihre Kin­der seit mind. 1 Jahr nicht mehr gesehen, 20 % sogar länger als 7 Jahre. Vom Ausmaß ihrer gesundheitlichen, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen war die Psychologin überrascht. Ihre Lebensqualität bezeichneten 64 % der Probanden als mittelmäßig oder schlecht. Unzufrieden mit ihrer seelischen Verfassung waren 53 %. Ihre körperliche Befindlichkeit sahen 45 % als „stark beeinträchtigt“ an. Mehr als 2/3 litten an chronischer Müdigkeit, Schlafstörungen sowie Nacken- und Rückenschmerzen. 67 % zeigten klinisch relevante depressive Symptome. Neben den gesundheitlichen Folgen hatte der Kontaktabbruch auch erhebliche Auswirkungen auf  ihr Sozialleben. Viele von ihren Kindern getrennte Väter und Mütter reagierten mit sozialem Rückzug, Antriebslosigkeit und anderen depressiven Symptomen. Manche erlebten den Kontaktabbruch „schlimmer als den Tod eines Kindes“.

11.
         Erwähnen möchten wir Studien von Baker (2005 und 2007) über Langzeitfolgen               von Eltern-Kind-Entfremdung und Baker & Darnall (2006) über               Entfremdungsstrategien:

         a) Baker, A. J. L. (2005). The Long-Term Effects of Parental Alienation on Adult               Children: A Qualitative Research Study. American Journal of Family Therapy,               33: 289 – 302 (Für diese Studie wurden 38 Erwachsene untersucht, die als               Kinder von Eltern-Kind-Entfremdung betroffen waren. Es wurden sieben               wesentliche Folgen gefunden: Geringes Selbstwertgefühl – Depression -               Drogen-/Alkoholmissbrauch – Mangel an Vertrauen, - Entfremdung von den               eigenen Kindern – Scheidung – Andere).

         b) Baker, A. J. L. & Darnall, D. (2006). Behaviors and Strategies Employed in               Parental Alienation: A Sur­vey of Parental Experiences, Journal of Divorce &               Remarriage. 45 (1/2): 97 – 123

         c) Baker, A. J. L. (2007). Adult Children of Parental Alienation Syndrome – Breaking               the Ties that Bind. W. W. Norton & Company, New York, London. Dieses Buch               basiert auf einer ausführlichen Befragung von 40, heute erwachsenen –               PAS-betroffenen Kindern. Ihre Erfahrungen werden im Kontext mit klinischen               und entwicklungspsychologischen Theorien aufgearbeitet. (Eine Rezension               dieser Arbeit findet sich unter http://www.vaeterfuerkinder.de/Baker.htm)

              Des Weiteren: 
              Baker, Amy J. L. (2005). The cult of parenthood: A qualitative study of parental               alienation. Cultic Studies Review 4(1):np.(Vergleich von Indoktrination in               Sektensystemen und bei PAS)      
              Baker, A. J.L. (2010). Parental alienation: A special case of parental rejection.               Parental Acceptance, 4(3), 4-5.   
              Baker, A. J. L. (in press). Resisting the pressure to choose between parents: A               school-based program. Cultic Studies Journal          
              Baker, A. J. L. & BenAmi, N. (in press). To turn a child against a parent is to turn               a child against himself. To appear in Journal of Divorce and Remarriage   .
              Baker, A. J. L. & Chambers, J. (2011). Adult recall of childhood exposure to               parental conflict: Unpacking the black box of parental alienation. Journal of               Divorce and Remarriage, 52(1), 55-76.
              BenAmi, N. & Baker, A.J.L. (in press). The long-term correlates of childhood               exposure to parental alienation on adult self-sufficiency and well-being.               American Journal of Family Therapy.

12.         Interessierte französisch sprechende Kollegen/-Innen möchten wir auf               Folgendes hinweisen:

         a) Die belgischen Fachzeitschriften Divorce et Séparation No 3, 2005
             (www.labor.be) und La Revue d’Action Juridi­que et Sociale, No 222, 2002 : S. 31              – 35 und No 237, 2004 : S. 11 – 17 sowie die französischen Zeitschriften              Actualité Juridique famille, No 11, 2004: p. 397 – 399; Synapse, Journal de              Psychiatrie et Système Nerveux Central, No 188, 2002: S. 23 – 34 und No 227,              2006: 11 – 18 (info@nha.fr) und Revue Internationale de Psychosociologie Vol.              XIII, No 30, 2007, S. 89 - 111 (www.eska.fr), ausführlich mit den Themen              „Aliénation Parentale“ und „Syndrome d’Aliénation Parentale“ (SAP) befassen.

         b) La Gazette du Palais (note de J. Pannier, Avocat à la Cour de Paris) 18 – 20              nov. 127 (322 – 324) 2007, S. 11 – 15 berichtet von einem bedeutsamen Urteil              des Tribunal de Grande Instance de Toulon (JAF) RG no 04/00694 vom 4. Juni              2007, in dem ausführlich auf das Syndrome d’Aliénation Paren­tale eingegangen              wird. Siehe dazu auch La Revue d’Action Juridique et Sociale, No 270, 2007, S.              58 – 62

         c) In Frankreich wurde am 22. Oktober 2008 von B. Goudard ,Medizinische Fakultät              Lyon-Nord der Universität Claude Bernard Lyon 1, eine medizinische              Doktorarbeit zum Thema „Syndrome d’Aliénation Parentale“ vorgestellt. Diese              lesenswerte Dissertation kann unter http://www.acalpa.org/pdf/sapthese.pdf              eingesehen werden. In zwei kleinen Kapiteln wird u. a. auf die verwandte              Psychodynamik von PAS  und Stockholm-Syndrom sowie Münchhausen-
             by-Proxy-Syndrom hingewiesen. Es wird auch das „Cochemer Modell“ erwähnt

         d) Zum Thema l'aliénation parentale fand am 20./21. Mai 2011 in              Clermont- Ferrand, am 17. Juni 2011 in Grasse und  am 24. Juni 2011 in              Grenoble jeweils eine Tagung statt. (Näheres hierzu s. www.acalpa.org)


13.         In der Oktober-Ausgabe des American Journal of Family Therapy 36 (5) 2008: 349 – 366 erschien ein ausführlicher Artikel des amerikanischen klinischen und forensischen Psychiaters W. Bernet mit dem Titel „Parental Alienation Disorder and DSM-5“ (http://www.informaworld.com/smpp/title~content=t713722633~db=all). Dieser im Wesentlichen gleiche Text wurde von Prof. Bernet und einer Gruppe klinischer und forensischer Psychiater und Psychologen im August 2008 der Arbeitsgruppe „Störungen im Kindes- und Jugendalter“ (Disorder in Childhood and Adolescence) der American Psychiatric Association für das Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, 5. Auflage (DSM-5) zur Prüfung eingereicht.
14.        Im American Journal of Family Therapy, 39: 48 – 71, 2011 erschien ein Artikel von Deirdre C. Rand "Parental Alienation Critics and the Politics of Science". Diese Arbeit prüft Behauptungen, die hauptsächlich von zwei Gruppen von Kritikern über Parental Alienation Syndrome und Parental Alienation gemacht werden. Unter den Themen, die diskutiert werden sind: Die Rolle des entfremdenden Elternteils; strukturelle Interventionen wie Sorgerechtswechsel; die Beziehung zwischen PAS und Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und die Kontroverse über den Gebrauch des Begriffs "Syndrom".

15.    a)In Spanien veröffentlichte der Koordinierungsrat Forensischer Psychologen des             Generalrates des offiziellen Kollegs der Psychologen Spaniens (Coordinadora de             Psicologia Juridica del Consejo Gene­ral de Colegios Oficiales de Psicólogos de             España) am 18.06.2008 eine Erklärung, in der die Zweckmäßigkeit der Analyse             von PAS bei der psychologischen Begutachtung in familienrechtlichen Verfahren             und damit zusammenhängenden Bereichen breite Unterstützung findet. Danach             betrachten Forscher und Psychologen PAS in einem breiten Konsens als             kognitive, emotionelle und Verhaltensstörung eines Kindes, die entsprechender             wissenschaftlicher und professioneller Beachtung bedarf. Selbstverständlich             muss bei der Diagnose jede Form von Missbrauch und Vernachlässigung in der             Betreuung des Kindes vollständig ausgeschlossen sein. Der spanische Text             « Consideraciones en torno a la Pertinencia del Síndrome de Alienación parental             en la evaluación psicológica » findet sich auf             http://www.infocop.es/view_article.asp?id=1942&cat=9;  
            Weitere spanische Literatur und Informationen zu PAS in Spanien auch auf den             Web-Seiten:  www.jmaguilar.com; http://asunte.blogspot.com;             http://amnistia-infantil.org/sap.htm; www.separaciones-divorcios.com; Hin­weise             auf einige PAS-Fachartikel in Spanisch finden sich auch auf der Webseite             www.beideeltern.de/paslit.php.

        b)Am 14. Juni 2007 fällte ein Familiengericht in Manresa, Spanien, eine wichtige             Entscheidung hinsichtlich PAS  Sentencia pionera sobre el síndrome de             alienación parental, Sentencia del Juzgado de Primera Instancia número 4 de             Manresa, de 14 de junio de 2007 (Nr. 567/06).
            Einer Mutter, die die 8-jährige Tochter aus Hass gegen den Vater programmierte,             wurde das Sorgerecht entzogen und auf den Vater übertragen. Für die nächsten             6 Monate wurde ihr und der mütterlichen Familie der Kontakt zur Tochter             untersagt. Bis zum Wechsel zum Vater sollte das Kind übergangsweise bei den             väterlichen Großeltern leben            
            siehe:http://www.separaciones-divorcios.com/noticias/index.php?id=31

        c) Vom 10. bis 13. Juni 2009 fand in Leon (Spanien) ein internationaler             Fachkongress zum Thema „Sindrome de Alienacion Parental y Custodia             Compartida“ statt, auf den wir hinweisen möchten.
             Ein zweiter internationaler Kongress mit gleichem Thema fand vom 27. bis 29.             Mai 2010 in Madrid, Universidad de Alcalá de Henares und ein dritter vom 24. bis             26. März 2011 in Zaragoza statt. (siehe             www.congresointernacionalsap.org/index.html )

16.         Hingewiesen sei auf das Buch von E. Schmidt & A. Mees „Vergiss, dass es Dein Vater ist! Ehemals entfremdete Kinder im Gespräch“, Books on Demand GmbH, Mainz 2006. In diesem Buch berichten vier Trennungskinder im Alter von 15, 20, 28 und 34 Jahren im Interview, wie sie die Trennung ihrer Eltern und den Verlust ihres Vaters erlebt haben. Sie schildern ihre Erfahrungen mit Jugendämtern und Gerichten und berichten von der Wiederbegegnung mit ihrem Vater. Diese Berichte bestätigen einmal mehr: Kinder brauchen beide Eltern, unabhängig davon, ob diese ein Paar bleiben oder nicht.


17.         Von Fachleuten wie von Betroffenen erhalten wir häufig die Rückmeldung, dass der Laienratgeber von Gabriele ten Hövel „Liebe Mama, böser Papa – Eltern-Kind-Entfremdung nach Trennung und Scheidung – Das PAS-Syndrom“ (Kösel, München, 2003) sowohl von entfremdeten als auch von entfremdenden Eltern als hilfreich erlebt wird.

18.         Eine prägnante Beschreibung des Parental Alienation Syndrome durch den amerikanischen Psychologen und Juristen, D. Lorandos, PhD, JD, (www.psychlaw.net) Mitherausgeber des Intern. Handbook of Parental Alienation Syndrome findet sich auf: http://www.falselyaccused.net/clientvideos/clientWMV/Parental%20Alienation%20cases.wmv

19.         Im kanadischen Fernsehen wurde ein hervorragender Bericht über Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome ausgestrahlt, der in Online-Version verfügbar ist. "W5 investigates: Children on the frontlines of divorce" W5: Poisoned Minds, part one und W5: Poisoned Minds, part two. In diesem Film beschreibt u. a. Pamela Richardson ihren extrem tragischen Fall, in dem das durch den Vater entfremdete Kind sich schließlich mit 16 Jahren von einer Brücke in den Tod stürzte. (Sie hat darüber auch ein Buch geschrieben: Pamela Richardson (2006), "A kidnapped mind: A mother's heartbreaking memoir of parental alienation. Toronto: Dundurm.).

20.         Ein Dokumentarfilm zum Thema ‚Entführung und Entfremdung’ „Victims of another war – The Aftermath of Parental Alienation“ mit Interviews dreier erwachsener Betroffener eignet sich als Lehr­film für scheidungsbegleitende Professionen. Eine Beschreibung zu dem Film findet sich bei Summers, C. C. & Summers, D. M. (2006): Parentectomy in the crossfire, American Journal of Family Therapy, 34 (3): 243 – 261, DVD, 30 min.; Bestellung: www.victimsofanotherwar.com. Zu diesem Thema empfehlen wir auch, einen Blick auf die Betroffenen-Web-Seite www.takeroot.org zu werfen.

21.         Für die Fortbildung von Familienrichtern zum Thema PAS mit seinen drei Ausprägungsgraden wurde vom Berufungsgericht Maricopa County, Phoenix, AZ (M. K. Jeanes), 2003 der Dokumentarfilm „Children of Divorce – A View from the Bench“ (DVD, 42 min.) erstellt (engl. Sprache). Eine Beschreibung zu diesem Film findet sich ebenfalls bei Summers, C. C. & Summers, D. M. (ebd. 2006, S. 243 - 261)
.22.   a) Der Film „Family Ties and Knots: Children of Divorce“ (in engl. Sprache) ist              dafür geeignet, den Zugang zwischen nichtsorgeberechtigten Eltern und ihren              Kindern zu fördern. Er kann eingesetzt werden, um Eltern die schädlichen Effekte              von entfremdendem Verhalten bewusst zu machen.
             Bestellung: http://www.familysupportcenter.com/tiesandknots/videos.html
             (16 min., DVD, auch als Streaming Video zum Download).

        b) Der Film „Family Ties and Knots: Parents on the See-saw“ (in engl. Sprache)              kann für Eltern hilfreich sein, die darum bemüht sind, sich konstruktiv miteinander              auseinander zu setzen und um den positiven Kontakt des Kindes mit beiden              Eltern zu fördern und dem Kind mehr Beständigkeit und Stabilität zwi­schen              beiden Elternhäusern zu vermitteln. Eine Psychologin informiert in dem Film über              Umgangsmodelle und Zeitpläne, die für verschiedene Altersgruppen geeignet              oder auch ungeeignet sind. Bestellung über
             http://www.familysupportcenter.com/tiesandknots/videos.html (25 min., DVD, auch              als Streaming Video zum Download)

23.         Am 20. Juli 2006 fällte der Europ. Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in dem Familienrechts­fall Koudelka ./. Tschechische Republik (App.-No. 1633/05) eine aufsehenerregende Entscheidung wegen Verletzung des Artikels 8 der Europ. Menschenrechtskonvention. In den Paragraphen 35, 39 und 62 wird der Begriff "Syndrome d'Aliénation Parentale" ausdrücklich benannt, was u. E. eine juristische Anerken­nung des PAS-Phänomens durch dieses hohe übernationale Gericht bedeutet. Das Urteil findet sich (in französischer Sprache) auf der Webseite des EGMR (http://www.echr.coe.int/ECHR/EN/Header/Case-Law/HUDOC/HUDOC+database/ List of recent judgements – Search – French als Sprache auswählen - application number eingeben). Die Presseerklärung (in Englisch) findet sich auch auf dieser Web-Seite. Ein ausführlicher Kommentar mit Teilübersetzung aus dem Französischen ins Deutsche findet sich auf der Web-Seite www.vaeterfuerkinder.de/Koudelka_Teil.htm, dessen Lektüre wir empfehlen.

24.         Am 18. Januar 2007 fällte der Europ. Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in dem Familienrechtsfall Zavrel ./. Tschechische Republik App.-Nr. 14044/05 eine weitere Entscheidung wegen Verletzung des Artikels 8 der Europ. Menschenrechtskonvention. Auch hier wird in den §§ 16, 24, 28, 45, 52 ausdrücklich auf das durch psychol. Expertise diagnostizierte "Syndrome d'Aliénation Parentale" verwiesen mit spezifischer Begründung besonders in den §§ 48, 50, 52 und 53. Das Urteil findet sich in französischer Sprache auf der Web-Seite des EGMR: http://www.echr.coe.int/ECHR/EN/Header/Case-Law/HUDOC/HUDOC+database/. Die Presseerklärung (in Englisch) findet sich auch auf dieser Web-Seite.

25.         Am 26. August 2010 wurde vom damaligen brasilianischen Präsidenten Lula ein Gesetz zum Thema "Parental Alienation" unterzeichnet (LAW 12318). Durch das Gesetz wird in Brasilien elterliches Entfremdungsverhalten bei Trennung und Scheidung sanktioniert. Die deutsche Übersetzung findet sich auf: http://www.vaeterfuerkinder.de; die brasilianische Originalfassung findet sich auf: http://www.planalto.gov.br/ccivil_03/_Ato2007-2010/2010/Lei/L12318.htm.
26.         Eine, seit 1993 im Gerichtsbezirk Cochem, Rheinland-Pfalz, erfolgreich praktizierte Form interdisziplinärer Zusammenarbeit, die in Deutschland mittlerweile als „Cochemer Praxis“ s. www.ak-cochem.de auch von der Politik wahrgenommen wird, erscheint uns als eine effektive Möglichkeit, der Entwicklung von PAS und den damit verbundenen sozialen, medizinisch-psychologischen und ökonomischen Folgen vorzubeugen.

Die Arbeitsweise in Cochem im Sinne einer "Konfliktlösung durch multiprofessionelle Vernet­zung" bzw. einer "Verordneten Kooperation im Familienkonflikt als Prozess der Einstellungsänderung" wird von Füchsle-Voigt aus psychologischer Sicht (in Familie, Partnerschaft und Recht [FPR] 10 (11) 2004: 600 – 602 bzw. Divorce et Séparation, 5, 2006: 101 - 109) aus juristischer Perspektive von J. Rudolph in „Du bist mein Kind – Die Cochemer Praxis, Wege zu einem menschlicheren Familienrecht“, Berlin, 2007, ausführlicher beschrieben. Die Cochemer Methode ist aus der Praxis entstanden und basiert theoretisch auf der klassischen sozialpsychologischen Einstellungsforschung und der bekannten Dissonanz-Theorie (L. Festinger). Sie hat die Konfliktreduktion und die Wiederherstellung von Eltern-Autonomie und  ‑verantwortung auf der Basis des Schutzes sowohl der Rechte der Kinder als auch der Eltern zum Ziel.
27.    In 2008 veröffentlichten die international hoch angesehenen kanadischen Autoren Fidler, B. (Psychologin), Bala, N. (Jurist), Birnbaum, R. (Sozialwissenschaftlerin) & Kavassalis, K. (Juristin) für scheidungsbegleitende Fachleute das Buch „Challenging Issues in Child Custody Disputes – A Guide for Legal and Mental Health Professionals“, Thomson, Carswell, Toronto, Canada. Diese Publikation gibt einen detaillierten wissenschaftlichen Überblick über die Themen Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome. Die Kontroversen im Zusammenhang mit diesen Themen werden sachlich und verständlich unter Einbezug wesentlicher internationaler Fachliteratur dargestellt und es wird auch auf jüngere interdisziplinäre Interventionsmodelle bei schwerer Eltern-Kind-Entfremdung eingegangen (s. dazu auch unten Punkt 29).         
Wichtige Themen wie „Umgangs- und Aufenthaltsmodelle“, „Häusliche Gewalt“ und „Vorwürfe sexueller Gewalt im Zusammenhang mit Sorgerechtsauseinandersetzungen“ werden ebenfalls in je zwei ausführlichen Kapiteln auf wissenschaftlich hohem Niveau behandelt. Dieses Buch möchten wir sehr empfehlen.

28.    Eine internationale Arbeitsgruppe aus mehr als 70 Psychiatern, Kinderpsychiatern, Psychologen, Sozialarbeitern und Juristen, Praktikern und Wissenschaftlern, aus 13 Ländern erarbeitete für die American Psychiatric Association (APA) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Vorschlag zur Aufnahme von "Parental Alienation Disorder" in die Diagnosesysteme DSM-5 und ICD-11, der den entsprechenden wissenschaftlichen Komitees seit Ende 2009 zur Entscheidung vorliegt (siehe: Bernet, W. et al.: "Parental Alienation, DSM-5 and ICD 11" in American Journal of Family Therapy, 38: 76 – 187, 2010. http://dx.doi.org/10.1080/01926180903586583) Eine erweiterte Fassung dieses Textes als Buch ist im Oktober 2010 erschienen: Bernet, W. (2010). Parental Alienation, DSM-5, and ICD-11. Charles C. Thomas Publisher Ltd., Springfield, Illinois, http://www.ccthomas.com/details.cfm?P_ISBN13=9780398079444.

29.    
Die renommierte Fachzeitschrift Family Court Review (s. Family Court Review, Vol. 48, Issue 1 (Jan. 2010), s. http://www3.interscience.wiley.com/journal/118499535/home) veröffentlichte im Januar 2010 auf über 200 Seiten Arbeiten hoch angesehener amerikanischer und kanadischer Wissenschaftler und Praktiker zum Thema „Entfremdete Scheidungskinder“, die verschiedene Aspekte der wissen­schaftlichen Diskussion zu diesem Thema beleuchten und auch fundierte Interventionsmodelle (z. B. von R. A. Warshak, ; R. A. Warshak & M. R. Otis und von J. Sullivan, P. A. Ward & R. M. Deutsch) bei Fällen von schwerer Eltern-Kind-Entfremdung vorstellen. Diese psychologischen Programme, die auch für Deutschland von Interesse sein könnten, versuchen, hochgradig entfremdeten Scheidungskindern ihre verlorene Beziehung zu einem Elternteil und ihre verlorene Identität wieder aufzubauen und zeigen, dass bei Eltern-Kind-Entfremdung in Hochkonfliktfällen – entgegen der verbreiteten landläufigen Meinung - durchaus etwas getan werden kann.

30.    
Nach etwa einem Dutzend internationaler Fachkongresse zum Thema Parental Alienation und Parental Alienation Syndrome in Europa, Süd- und Nordamerika, Kanada zwischen 2002 und 2011 (als Beispiele seien genannt: www.pas-konferenz.de;www.cspas.ca; www.congresointernacionalsap.org;) widmete sich die renommierte, amerikanische Association of Family and Conciliation Courts (AFCC) auf ihrer 47. Jahrestagung (2. bis 5. Juni 2010 in Denver, Colorado) in über 80 Vorträgen und Workshops ganz dem Thema Eltern-Kind-Entfremdung. Alle wesentlichen Aspekte und Kontroversen zu diesem Thema wurden auf dieser Konferenz behandelt und verschiedene Interventionsmodelle vorgestellt (siehe www.afccnet.org).


EINFÜHRUNG
Die induzierte Eltern-Kind-Entfremdung
und ihre Folgen (Parental Alienation Syndrome - PAS)
im Rahmen von Trennung und Scheidung

Dr. med. Wilfrid von Boch-Galhau
Facharzt für psychotherapeutische Medizin,
Nervenarzt/Psychotherapie
Praxis in Würzburg

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Sollten Sie uns aus eigener Forschung und/oder Praxis zum Thema Eltern-Kind-Entfremdung und/oder Elterliches Entfremdungssyndrom (Parental Alienation Syndrome/Syndrome d’Aliénation Parentale) weitere eigene Befunde, Erkenntnisse und Erfahrungen mitteilen wollen, wären wir Ihnen dankbar.
 

Dr. med. W. v. Boch-Galhau
Dipl.-Psych. U. Kodjoe
Dr. phil. W. Andritzky
Dr. iur. P. Koeppel
 

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