13.03.12

Jugendamt - Geschichtliche Entwicklung in Deutschland

 

Ab 1900

Als Vorläufer der Jugendämter sind die im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 vorgesehenen Gemeindenwaisenräte anzusehen.
Erste Gründungen von Jugendämtern konnten bereits 1925 festgestellt werden (entsprechend dem 1924 in Kraft getretenen Reichsjugendwohlfahrtsgesetz). Ziele und Namen waren die materielle Sonderfürsorge für Minderjährige, die Krüppelfürsorge, die Heilfürsorge als freiwillige, vorbeugende Gesundheitsfürsorge und die Fürsorgeerziehung. 

Nationalsozialismus 

 

Ab 1939 übernahmen die Jugendämter als Teil der Staatsgewalt im NS-Staat weitgehend die Kontrolle über die Kindererziehung. Das Jugendamt kontrollierte und lenkte Familien und Kinder von Geburt an politisch. Heranwachsende Jungen wurden von der Hitlerjugend (HJ) und heranwachsende Mädchen vom Bund Deutscher Mädel (BDM) unter die Kontrolle des Staates gestellt. Um der sinkenden Geburtenrate entgegenzuwirken, wurde neben allgemeinen monetären Hilfen auch etwa 8.000 Säuglinge in Deutschland und etwa 12.000 in Norwegen in Lebensbornheimen unter der Kontrolle der SS großgezogen.
Die Organisation des Jugendamtes wurde 1939 durch ein Gesetz dahingehend geändert, dass statt der kollegialen Leitung die Geschäftsführung dem Bürgermeister bzw. Landrat übertragen wurde. Im Übrigen sollten die rechtlichen Bestimmungen des RJWG (Reichsjugendwohlfahrtsgesetz) so ausgelegt werden, dass damit eine Erziehung im nationalsozialistischen Sinne gesichert werden konnte. Die damit gemeinten Erziehungsziele kommen deutlich zum Ausdruck im § 1 der 1939 erlassenen Verordnung über Jugendwohlfahrt in den sudetendeutschen Gebieten, in der - abweichend vom § 1 RJWG - formuliert wird:
"Die Erziehung der Jugend im nationalsozialistischen Staat ist Erziehung zur deutschen Volksgemeinschaft. Ziel der Erziehung ist der körperlich und seelisch gesunde, sittlich gefestigte, geistig entwickelte, beruflich tüchtige deutsche Mensch, der rassebewußt in Blut und Boden wurzelt und Volk und Reich verpflichtet und verbunden ist. Jedes deutsche Kind soll in diesem Sinne zu einem verantwortungsbewußten Glied der deutschen Volksgemeinschaft erzogen werden."  

Nach 1945

In Polen wurden die Jugendämter als verbrecherische Organisationen abgeschafft. Sie hatten 200.000 Kinder den Eltern weggenommen.
In der BRD wurde das Jugendamt von 1947 bis 1952 dem Innenministerium (Polizei) und nicht dem Familien- oder dem Justizministerium unterstellt. Damit wurden eine Vielzahl Kinder - die durch das Jugendamt im europäischen Ausland den Eltern entzogen wurden - nicht an ihre biologischen Eltern zurückgegeben. Die Identität und die Namen der Kinder wurden mit Amtshilfe der Meldebehörden und der Polizei geändert, die leiblichen Eltern nicht informiert. Per Gerichtsbeschluss, "der Dringlichkeit wegen, ohne vorherige mündliche Anhörung" wurden die Kinder an deutsche Adoptivfamilien "transferiert".

Rechtliche Grundlage und Folgen 

 

Jugendämter unterliegen der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Grundgesetz Art. 28 Abs. 2 und lassen keine übergeordnete Kontrolle zu. Im Grundgesetz Art. 28 Abs. 2 heißt es:
"Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln."
Daraus folgt die Selbstkontrolle durch den Kinder- und Jugendhilfeausschuss der Gemeinde, in dem der Jugendamtsleiter nicht gewähltes, sondern "geborenes" Mitglied ist; er kontrolliert sich also selber. Insofern können Behördenmitarbeiter Entscheidungen von schicksalhafter Tragweite treffen, ohne das es - selbst bei vorsätzlich verantwortungslosem Handeln - möglich wäre, sie haftbar zu machen. Sowas nennt man einen rechtsfreien Raum.

Den erwähnten gesetzlichen Rahmen bildet insbesondere das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG). Als weitere Teile sind das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), das "Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit" (FamFG) und das Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) zu nennen.
§ 162 FamFG regelt die Mitwirkung des Jugendamts bei Verfahren in Familiensachen, § 1712 BGB eine Beistandschaft des Jugendamts.[1] § 1779 BGB erwähnt die nötige Anhörung des Jugendamts bei der Auswahl eines Vormunds durch das Familiengericht. Auch § 1791b BGB beschäftigt sich mit der Vormundschaft des Jugendamts. Im Einzelfall kann das Jugendamt für die Wahrnehmung einer Umgangspflegschaft nach § 1684 BGB oder eine Ergänzungspflegschaft gemäß § 1909 BGB in Betracht kommen. Im KJHG sind dazu die §§ 55 KJHG und 56 KJHG maßgeblich.


Kritik am Jugendamt 

Kritik an der Institution "Jugendamt" gibt es reichlich. In der Presse werden insbesondere die oftmals zu knappe Personalausstattung und die Professionalität der Mitarbeiter der Allgemeinen Sozialen Dienste in Frage gestellt. 

 


Fragwürdige Qualifikation der Mitarbeiter, keine Haftung für Fehlentscheidungen

Im Verhältnis zur Fülle der Macht über die ihm anvertrauten, im Grunde ihm aber auch ausgelieferten Menschen, haben die Mitarbeiter des Jugendamtes oft keine adäquate berufliche Qualifikation. Ein Studium der Sozialarbeit oder Sozialpädagogik, absolviert an einer FH, ist in der Regel das Höchste, was man in puncto Kompetenz erwarten darf (wie der Essay von Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner verrät, muss es aber kein Glück sein, einem Mitarbeiter zu begegnen, der diesem Personenkreis zuzurechnen ist).[2] Weitaus häufiger haben Mitarbeiter allerdings kein einschlägiges Studium, sondern nur eine Berufs- (z. B. zum Erzieher) bzw. Verwaltungsausbildung durchlaufen, teilweise noch nicht einmal das. Von daher gehören sie bestenfalls dem gehobenen Dienst an, meist ist es aber nur der mittlere. Dagegen sind andere Entscheidungsträger im allgemeinen durch ein Universitätsstudium für den Höheren Dienst qualifiziert. Damit sind sie zwar nicht weisungsgebunden, aber immerhin sonst für ihr Handeln verantwortlich.
Laut dem Kinder- und Jugendhilfebericht des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2009 hatten 11 % der Mitarbeiter gar keine und 27 % eine "sonstige" Ausbildung [diese kann auch völlig fachfremd sein], 50 % verfügten über eine nicht näher definierte Fachschulausbildung [wobei z. B. auch eine Fachschule für das Verwaltungwesen oder eine sonstwie fachfremde Schule gemeint sein kann). Lediglich 10 % besaßen eine nicht näher bezeichnete Fachhochschulausbildung, d. h. auch diese Gruppe schließt Mitarbeiter ein, die lediglich eine Fachhochschule für das Verwaltungswesen besucht haben. Ganze 2 % hatten einen Universitätsabschluss.

Bei einer von Dr. Karin Jäckel vorgenommenen Erhebung gaben nur 2,3 % der befragten Eltern dem Jugendamt die Note 1. Hierbei handelte es sich fast ausschließlich um Alleinerziehende, die vom Jugendamt Hilfe zur Ausgrenzung des anderen Elternteils erhalten hatten (mutmaßlich waren dies ausnahmslos bzw. zumindest stark überwiegend Mütter). 75 % der Befragten bewerteten dagegen die berufliche Qualifikation, das menschliche Interesse etc. der Mitarbeiter mit der Note 5 oder 6.[3]
 
Prinzipiell ist es nicht möglich, einen Jugendamtsmitarbeiter für seine Entscheidungen persönlich haftbar zu machen. Ein Antrag bei Gericht würde als Antragsgegner nicht den Jugendamtsmitarbeiter, sondern die Kommune benennen, der das Jugendamt angehört. Ein Jugendamtsmitarbeiter ist nur strafrechtlich zu belangen, wenn er gegen das Recht verstoßen hat. Beispielsweise wenn er sich zu Beleidigung, übler Nachrede oder Verleumdung (§§ 185 bis 187 StGB) hat hinreißen lassen. Dann deckt ihn auch sein Dienstherr nicht mehr.[4]
 
In anderen Fällen besteht aber zumindest die Möglichkeit, das Handeln des Jugendamtes an der Elle des KJHG zu messen und ggfs. die Kommune zu verklagen (bei mutmaßlichen Rechtsverstößen ist das Verwaltungsgericht zuständig). Die wenigsten Dienstherren dürften froh sein, wenn ihre Behörde wegen gravierender Fehler von Mitarbeitern, die eigentlich das Wohl von Kindern schützen sollten, durch ihr Handeln aber genau das Gegenteil tun, in die Schlagzeilen kommt, die öffentliche Hand deshalb Prozesskosten bezahlen muss und eventuell sogar in Regress genommen wird.

Theoretisch kann man zuvor auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim jeweiligen Verwaltungschef, also z.B. dem Landrat, einreichen. Im Allgemeinen dürfte das jedoch Zeitverschwendung sein.


Jugendamt macht Feierabend 

 

Fatal für Einzelfälle ist die Tatsache, dass Jugendämter behördlichen Dienstzeiten unterliegen und am Wochenende dienstfrei haben. Wenn bspw. am Freitag ein Kind durch das Jugendamt verschleppt wird, bleibt das Kind übers Wochenende eben verschwunden. In der Regel wird dann die Polizei eingeschaltet und Vermisstenanzeige erstattet. Zwangsweise läuft eine Ermittlungsmaschinerie an, weil das Jugendamt keine andere Behörde informiert und im Jugendamt eben Feierabend ist.
Auch die an sich gebotene, zeitnahe Nachbesprechung einer Exploration des Kindeswillens im Rahmen eines Umgangsrechtsverfahrens muss schon mal unterbleiben, damit die zuständige Mitarbeiterin (vom Jugendamt Cochem) pünktlich um 16.00 Uhr Dienstschluss machen kann.


Schutz des Kindeswohles oder doch eher einseitige Trennungsberatung für Mutti und Beihilfe zur Kindeswohlgefährdung? 

 


Die idealistischen Postulate des KJHG

Laut seiner Verfasser ist das Achte Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - ein Instrument zur Vorbeugung, zur Hilfestellung und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Im Vordergrund stehe die Förderung der Entwicklung junger Menschen ... In § 1 KJHG heißt es, jeder junge Mensch habe ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit. Zur Verwirklichung dieses Rechts solle die Jugendhilfe insbesondere Eltern bei der Erziehung beraten und unterstützen, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen und dazu beitragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien ... zu erhalten oder zu schaffen.
§ 2 definiert die Aufgaben der Jugendhilfe als Leistungen "zugunsten junger Menschen und Familien".
§ 8 sagt zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, diese solle bei allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe entsprechend ihrem Entwicklungsstand stattfinden. Weiter seien sie in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

§ 8a ist dem Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung gewidmet. Dort heißt es unter anderem, "werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Hält das Jugendamt [zur Abwehr der Kindeswohlgefährdung] das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen. Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein."

§ 17 regelt die der Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung. Dort heißt es unter anderem, Mütter und Väter (!) hätten im Rahmen der Jugendhilfe Anspruch auf Beratung. Letztere solle helfen, Konflikte und Krisen in der Familie zu bewältigen und im Fall der Trennung oder Scheidung die Bedingungen für eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen förderliche Wahrnehmung der Elternverantwortung zu schaffen. Dabei seien die Eltern unter angemessener Beteiligung der betroffenen Kinder oder Jugendlichen bei der Entwicklung eines einvernehmlichen (!) Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung zu unterstützen.


... und die traurige Realität 

 

In der Praxis findet im Jugendamt realiter oft eine regelrechte Trennungsberatung statt. Hierbei erhalten Mütter Tipps und Hilfestellung, wie sie klammheimlich einen Auszug aus der gemeinsamen Wohnung bewerkstelligen und dabei erfolgreich die Kinder mitnehmen können. Für letztere bedeutet das, jäh und schockartig aus ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen zu werden.

Mit der Forderung, zum Schutz oder zur Entwicklung von Kindern (§ 1 KJHG) bzw. zum Erhalt oder zur Schaffung positiver Lebensbedingungen für sie beizutragen, ist so ein Aufgabenverständnis in vielen Fällen nicht vereinbar. Dessen ungeachtet legen sich Mitarbeiter und vor allem Mitarbeiterinnen des Jugendamtes - viele selbst zum ersten oder wiederholten Male, häufig mit Kindern, getrennt bzw. geschieden - im Sinne einer einseitigen, kritiklosen Unterstützung von Müttern mächtig ins Zeug. Dabei stehen die Leistungen "zugunsten junger Menschen und Familien" (§ 2 KJHG) aber eher im Hintergrund bzw. werden als Hilfe für die Mutter umdefiniert. Viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jugendamtes glauben, dass alles, was der Mutter nützt, selbstredend auch den Kindern zu Gute kommen müsse. Dabei wird oft verkannt, dass zuweilen das Gegenteil der Fall ist. Eine eingehendere Prüfung findet in aller Regel nicht statt.

Ebenso regelmäßig unterbleibt die durch § 8 vorgesehene Anhörung der vom abrupten Auszug ihrer Mutter betroffenen Kinder. Auch die an sich vorgeschriebene, im Anschluß zu leistende Aufklärung der Kinder über ihre Rechte im Verfahren vor dem Familiengericht wird prinzipiell unterlassen. Beides läuft faktisch auf vielfache und fortwährende Gesetzesbrüche durch die Jugendämter hinaus, welche aber in der Praxis bisher folgenlos bleiben.

Wenn Kinder nicht nur plötzlich mit der Trennung der Eltern konfrontiert werden, sondern zugleich auch noch verkraften müssen, wie sie von einem Tag auf den anderen Tag aus ihrem Zuhause verschleppt werden, handelt es sich hierbei nach allgemein vorherrschender Auffassung für die Kinder um einen sehr belastenden Vorgang, dies übrigens anerkanntermaßen insbesondere im Falle von Kleinkindern. Insofern wäre in einem grundlosen Verbringen der Kinder in eine andere Umgebung eine von der Mutter betriebene Kindeswohlgefährdung zu sehen. Auch Mitarbeiterinnen mit FH-Abschluß in Sozialpädagogik, die doch wenigstens ein wenig über Familienpsychologie gelernt haben müssten, verschließen aber vor diesem schlichten Faktum die Augen, um die Pläne der Mutter nicht zu durchkreuzen.

Selbst wenn der Vater seinen sofortigen Auszug aus der bis dato gemeinsamen Wohnung anbietet, um den Kindern das besagte Trauma zu ersparen, stellt das Jugendamt das Wohl von Müttern über das der Kinder, gewährt dem Wunsch von Müttern nach sofortigem Auszug bedingungslos Rückendeckung, deckt auch noch so fadenscheinige Begründungen, lehnt jeden Gegenbeweis ab, erlaubt die Mitnahme der Kinder als wären es Möbelstücke und bleibt selbst dann untätig, wenn die Mutter ihren Kindern beispielsweise einen viermaligen Wechsel der Behelfswohnung innerhalb von sechs Wochen zumutet.

Einen unmittelbaren Eindruck von der persönlichen Umgebung der Kinder verschafft sich das Jugendamt im Allgemeinen erst, nachdem die Mutter ihre Odyssee beendet und eine passable Wohnung gemietet und fertig eingerichtet hat. Eine Besichtigung der Wohnung des Vaters erfolgt entweder überhaupt nicht oder allenfalls auch erst zu diesem späten Zeitpunkt, wohl eher der Form halber und für die Akten.

Das Tätigwerden des Familiengerichts oder anderer Leistungsträger zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls hält das Jugendamt in solchen Fällen prinzipiell nicht für erforderlich. Vielmehr wird das Verbringen der Kinder aus ihrem angestammten Zuhause nach Kräften gefördert, ohne mit ihnen auch nur eine Minute darüber zu sprechen, wie sie zu dieser Maßnahme stehen.

Anstelle des in § 17 KJHG angesprochenen einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge wird dem Vater für die Phase bis zur endgültigen Klärung durch das Familiengericht eine Umgangsregelung aufgezwungen, welche die Mutter im Vorfeld allein mit dem Amt abgestimmt hat. Besonders abgefeimte Jugendamtsmitarbeiterinnen raten Müttern außerdem dazu, dem Vater für die ersten paar Monate nach der Trennung eine Versöhnung in Aussicht zu stellen, damit er eine einseitig die Mutter begünstigende vorläufige Umgangsregelung erst mal akzeptiert, anstatt sofort das Familiengericht anzurufen.
Wenn im Folgenden der Klassenlehrer und die Sozialarbeiterin der Schule den Eltern dringend anraten, sich um therapeutische Hilfe für ein Kind zu bemühen und der Vater dies möchte, die Mutter jedoch abblockt, hält das Jugendamt wiederum ihr die Stange. Grund: die Ursache für die Therapiebedürftigkeit des Kindes stammt aus ihrer Sphäre. Allein die Tatsache der Aufnahme einer Behandlung oder aber Dinge, die in deren Verlauf möglicherweise zu Tage treten würden, könnten ja eventuell ein schlechtes Licht auf die Mutter werfen. Weil das um jeden Preis vermieden werden muss, lässt man das Kind lieber unbehandelt weiter leiden.

In Gerichtsverhandlungen werden Anträge von Müttern zur Umgangsgestaltung im Sinne des Residenzmodells - oft ohne jede logisch nachvollziehbare Begründung - selbst gegen den mehrfach über einen längeren Zeitraum geäußerten Willen der Kinder (den das Amt gegen den neueren Stand der Erkenntnis und der Rechtsprechung komplett ausblendet, obgleich der Grundsatz einer Erziehung zur Eigenverantwortung sogar in § 1 KJHG erwähnt wird) - rückhaltlos unterstützt, wobei uneidliche Falschaussagen nicht selten sind. Dies ist umso erstaunlicher, weil § 50 KJHG, wo die Mitwirkung des Jugendamts in familiengerichtlichen Verfahren geregelt wird, keinen Hinweis enthält, nach dem das Amt eine Empfehlung bezüglich der Umgangsregelung abzugeben hätte. Vielmehr soll es lediglich erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen einbringen und den ggfs. - d. h. so denn überhaupt eine Beratung stattfindet - den Stand des Beratungsprozesses erläutern. Was die angesprochenen Gesichtspunkte betrifft, wird dagegen selbst extrem kindswohlschädigendes Verhalten von Müttern in der Nachtrennungsphase unter den Teppich gekehrt und weckt mitnichten Zweifel an der Erziehungsfähigkeit.

Mit etwaigen Vorschlägen des Vaters nach Einrichtung eines paritätischen Wechselmodells setzt sich das Jugendamt argumentativ nicht einmal ansatzweise auseinander. Auf Nachfrage werden in fachlicher Hinsicht oft gravierende Wissenslücken zum Stand der Forschung wie auch zu rechtlichen Aspekten erkennbar. Die Ignoranz in Bezug auf alternative Umgangsmodelle oder neuere Entwicklungen im Familienrecht ist teilweise unvorstellbar. Ansonsten erschöpft sich die Kompetenz des Jugendamtes darin, in gebetsmühlenhaften Floskeln Kommunikationsbereitschaft zu verlangen (gemeint ist aber wohl eher demütige Akzeptanz des Willens der Mutter).

Besonders bedenklich ist, dass sich Mitarbeiter des Jugendamts ohne die geringsten Skrupel an Prozessverschleppungen zu Gunsten von Müttern beteiligen, wie es beispielsweise beim Cochemer Modell systematisch praktiziert wird. Damit nehmen sie schwere seelische Belastungen der Kinder, welche jenen durch die Ungewissheit über ihr weiteres Schicksal entstehen, quasi als unvermeidbaren Kollateralschaden billigend in Kauf. Vor daraus resultierenden psychischen Problemen, Schwierigkeiten in der Schule oder im Umgang mit Freunden und letztlich Entwicklungsstörungen, verschließt die Helferinnenindustrie konsequent die Augen.


Wormser Prozesse 

 

Im Zusammenhang mit den Wormser Prozessen geriet das Wormser Jugendamt erneut in die Kritik, weil es trotz Freispruchs aller Angeklagten vom Vorwurf des Kindesmissbrauchs "wegen erwiesener Unschuld" 1997 die sofortige Rückkehr der in Kinderheimen untergebrachten betroffenen Kinder zu ihren Eltern verweigerte und im Falle der sechs Kinder im Ramsener Heim "Spatzennest" jeglichen Kontakt unterband.[5]

Petitionen gegen die Institution "Jugendamt" 

 

Der Petitionsausschuss des Europaparlaments hat mehrere Petitionen gegen die Institution "Jugendamt" aus dem Jahre 2006, 2007 und 2008 für zulässig erklärt[6] und behandelt das Thema anhand beispielhafter Fälle mit Anhörungen. Dabei wurden auch generell das Verhalten der Bundesrepublik in den Fällen, in denen Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt worden ist (Familie H. Münster/Steinfurt (2. Klage abgelehnt), Sorgerechtsfall Kazim Görgülü, Sahin, Sommerfeld u. a.) angesprochen. Der Petitionsausschuss behandelte u. a. mehr als 250 Petitionen auf der Bearbeitungsliste[7] und in seiner Tagesagenda.[8][9]
 

Bamberger Erklärung 

 

Die Präsidentin der Konferenz der Nicht-Regierung-Organisationen (NGO) des Europarates, Annelise Oeschger, überreichte zu den Jugendamtspetitionen beim Europaparlament im November 2007 die Bamberger Erklärung[10], in der das Verhalten deutscher Jugendämter sowie die mangelhafte Kontrolle der Jugendämter mit dem Resultat der Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kritisiert wurden. Diese Erklärung ist das Ergebnis des Symposiums "Deutsche Jugendämter und die europäische Menschenrechtskonvention", das im Oktober 2007 in Bamberg stattfand.[11][12]
 

Erlebnispädagogisch orientierte Maßnahmen 

 

Nicht unumstritten sind erlebnispädagogisch orientierte Maßnahmen.[13] So schickte das deutsche Bundesland Hessen einen 16jährigen Jugendlichen aus dem Landkreis Gießen nach Sibirien.[14]
 

Zitate

Zitat: «Seitdem sie beim Jugendamt war, sagt sie nicht mehr "Ich will das so!", sondern "Es dient dem Kindeswohl!".»
  • "Die Mitarbeiter der Jugendämter sind von Ihrer Mentalität, Verwaltungshoheit und Ausbildung kaum in der Lage in schwierigen oder Problemfamilien in jedem Fall hilfreich zu unterstützen." (Wolfgang Bergmann)
  • "Das Jugendamt ist nicht in die demokratische Meinungs- und Willensbildung eingebettet, sondern operiert als unabhängiges Organ der kommunalen Selbstverwaltung eigenständig." (Heinrich Kupffer[15])
  • "Da, wo sie sein sollten, sehen sie nichts und da, wo sie sich einmischen, ist nichts!" (Der Volksmund)
  • "Da es für das Jugendamt viel aufwendiger und belastender ist, die Herkunftseltern bei der Verbesserung ihrer Gesamtsituation und bei der Pflege beständiger Kontakte zu ihrem Kind ausreichend zu unterstützen, als die Herkunftsfamilie 'ihrem Schicksal' zu überlassen und Kontakte zum Kind zu erschweren, wird befürchtet, dass viele Jugendämter gewollt oder ungewollt die Voraussetzungen für den dauernden Verbleib des Kindes in der Pflegefamilie schaffen." (Ministerialbeamter[16])
  • "Die Damen und Herren der Jugendämter sollten überhaupt oder mehr psychologisch geschult werden und kontrolliert werden. Was ich da schon erlebt habe, von Beleidigungen, Herabwürdigungen etc., das geht gar nicht. Diese Überheblichkeit und Arroganz von manchen dieser Damen (ich habe bis jetzt nur Damen gehabt) hat mich nur noch darin bestärkt, dass es keinen Sinn hat, in diesem Staat in Bezug auf Gleichberechtigung auf Besserung zu hoffen." [17] 

Einzelnachweise 

 

  1. TrennungsFAQ: Jugendamt
  2. Essay über den Wandel im Selbstverständnis der Sozialarbeit als Kernfach der sozialen Dienste - Wolfgang Klenner (3 Seiten)
  3. Kindesentziehung – Der familiäre Supergau - Karin Jäckel, 21. März 2010 (27 Seiten)
  4. Antworten von Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner zu Fragen von Dr. Karin Jäckel für einen zu publizierenden Bericht über das Jugendamt, 6. Dezember 2007 (4 Seiten)
  5. Zurück in Pfeddersheim, Berliner Zeitung vom 25. Juni 1997
  6. Verfahren bei zulässigen Petitionen
  7. Bearbeitungsliste vom 7. Juni 2007
  8. EU-Kommission beschäftigt sich mit deutschen Jugendämtern
  9. EFCR-Bericht über den Bericht in der Gazetta
  10. Bamberger Erklärung
  11. Jugendämter wenden brutale Methoden an - Bamberger Erklärung wird an EU-Politiker übergeben
  12. Deutsche Jugendämter und die europäische Menschenrechtskonvention - Internationales Symposium als Reaktion auf Bamberger Justizskandal
  13. Umstrittene Erziehungsmaßnahme, Spiegel am 17. Januar 2008
  14. Hessisches Jugendamt schickt Schüler nach Sibirien, Süddeutsche Zeitung am 17. Januar 2008
  15. Heinrich Kupffer zum Thema Jugendamt
  16. zitiert von Karin Jäckel, in: "Das Urteil des Salomon. Eine Großmutter kämpft um ihre Enkelin.", 2005, S. 380 f.
  17. Kommentar von trauriger vater am 25.02.2012 um 09:45 Uhr, Dialog über Deutschland der Bundeskanzlerin: Gleiche Elternverantwortung für jedes Kind
  18.  

Weiterführende Information 

 


Medien


Literatur


Weblinks


Jugendamt-Fälle

Fallsammlungen
Zeitungsartikel

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