23.02.14

Missbrauch in Jugend-WGs: „Über Fehler reden“ Nach Missbrauchsfällen in Jugend-WGs der Stadt Graz fordert die Kinder- und Jugendanwältin Brigitte Pörsch dazu auf, über mögliche Fehler im System zu sprechen. Sie stellt sich die Frage, ob dieses Modell in dieser Form überhaupt noch zeitgemäß ist.

Innerhalb eines Jahres sind aus Grazer Jugend-WGs zwei Missbrauchsfälle bekanntgeworden - mehr dazu in Missbrauchsverdacht in Grazer Jugend-WG (4.2.2014). Als Konsequenz daraus hat die Stadt Graz beschlossen, die betreuten Wohngemeinschaften für Jugendliche aufzugeben - mehr dazu in Missbrauch: Stadt Graz gibt Jugend-WGs auf (5.2.2014) -, doch für die Kinder- und Jugendanwältin Brigitte Pörsch braucht es mehr als das.

Jugendanwältin Brigitte Pörsch
steiermark.at/Schüttbacher
Kinder- und Jugendanwältin Brigitte Pörsch fordert Konsequenzen

Strukturen durchleuchten

 

Für sie stellt sich unter anderem die Frage, ob das Modell der Jugendwohngemeinschaften in dieser Form überhaupt noch zeitgemäß ist. Eine Expertentagung in Graz beschäftigte sich mit dem Thema. Man habe sich generell auf die Suche nach möglichen Fehlerquellen in der Kinder- und Jugendhilfe begeben, sagte Pörsch.
„Heute war das Ziel, überhaupt einmal das Wort ‚Fehler‘ in den Mund zu nehmen. Das heißt auch einfach zu sagen, in einem sensiblen Bereich wie der Kinder- und Jugendhilfe, der Jugendwohlfahrt, arbeiten Menschen und da können Fehler passieren; und zu schauen, was kann man tun, wenn ein Fehler passiert, was sind Strukturen, die das begünstigen, und wo gibt es schon Erfahrungen, wo man es verbessern kann.“

Verantwortung bleibt

 

Auch mit der Schließung der Jugend-WGs könne man die Verantwortung nicht abgeben, sagte Pörsch: „Es können auch Organisationen, die nicht von der Stadt Graz betrieben werden, Fehler begehen, weil es immer wieder Lücken gibt.“ Um solche Fehler in Zukunft zu vermeiden, müsse man von dem Gefühl wegzukommen, nicht über Fehler sprechen zu dürfen, so Pörsch.

Bei Anlassfall „keine absichtlichen Fehler“

 

Schließlich wies die Jugendanwältin darauf hin, dass man bei der Diskussion auch zwischen Absicht und Systemfehlern unterscheiden müsse: „Eines muss man schon festhalten: Fehler, die hier passieren, sind keine absichtlichen Fehler, wo man Schaden zufügen wollte. Und das ist schon ein Unterschied: Wird man bezichtigt, dass man als Sozialpädagoge absichtlich weggeschaut hat; oder ist es einfach ein Fehler, der durch Strukturen, durch Systeme, durch Dienstzeiten oder was auch immer passiert ist.“

Schröck: Stehle sich nicht aus Verantwortung

 

Die zuständige Stadträtin Martina Schröck (SPÖ) rechtfertigt sich, dass man sich nicht aus der Verantwortung stehle. Man habe selbst die geforderte „Fehlerkultur“ praktiziert und intern und extern geprüft. Vielmehr sei Graz die letzte Kommune in Österreich, die derzeit noch selbst derartige vollstationäre Gemeinschaften betreue. Wesentlicher Grund für das Ende der städtischen Jugend-Wohngemeinschaften sei die Flexibilität: Zwar seien die Ressourcen bei allen gleich, Private seien aber flexibler, so Schröck.

Links:

http://steiermark.orf.at/news/stories/2632135/

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