16.10.13

Kindes - und Familienvernichtende Gutachten und der Begriff der „Erziehungs(un)fähigkeit“










"Herr oder Frau SoundSo sind aus psychologischer Sicht eingeschränkt  erziehungsfähig 

oder gar

Herr oder Frau SoundSo sind aus psychologischer Sicht erziehungsunfähig"




Eine solche Feststellung ist aus nüchterner, wissenschaftlicher Sicht absolut unhaltbar. Hier wähnen sich einige Psychologen in einer Omnipotenz, welche sie weder persönlich noch via wissenschaftlichem Studium besitzen (können) und sie verursachen Schicksale, welche auf einem solchen Entstehungshintergrund, auf absoluter Willkür beruhen. Jeder Betroffene müsste sich gegen ein Gutachten mit einem solchen FAZIT mit juristischen Mitteln wehren, denn sie erfüllen die Voraussetzungen des Bundesgerichtshofes in keiner Weise:
"Die Untersuchungsergebnisse von Sachverständigen können in der Rechtsprechung nur dann Anerkennung finden, wenn die Methoden, mit denen sie gewonnen werden, nachprüfbar sind...." (BGH AZ 3 StR 113/75)"

Bildlich gesprochen können so komplexe Konstrukte wie "Erziehung" oder die "Fähigkeit zur Erziehung" weder theoretisch, noch über Testverfahren gemessen werden. Da bis heute keine Kriterienbestimmungen darüber existieren, was unter "Erziehungskompetenz" zu verstehen ist, kommt dies einem Schuss auf eine Zielscheibe gleich, welche sich je nach der Person, welche den Schuss abgibt, nachträglich den schwarzen Punkt auf die Stelle setzt, wohin zuvor die Person geschossen hatte......

Nachprüfbar hieße, dass die psychologischen Gutachter ihre theoretischen Konstrukte, welche sie in ihren Testungen und Beobachtungen verwenden auch erklären würden. Sie müssten also nachvollziehbar erläutern, was sie unter "Erziehungsfähigkeit" verstehen und mit welchen Methoden sie diese erfassen wollen. Sie müssten erläutern, aus welchen Gründen sie bestimmte Testformen verwenden, was diese Tests messen sollen und ob die Tests die verlangten Gütekriterien erfüllen.

Gerade an dieser Stelle geraten Psychologen in unsicheres Fahrwasser. Denn Fragen der Erziehung sind ursprünglich nicht das Gebiet ihrer Wissenschaft. Sie können aufgrund ihres fehlenden theoretischen Hintergrundwissens daher nicht erläutern, was sie unter Erziehungskompetenz verstehen, mit welchen Tests man diese messen könne und aus welchen Einzelfaktoren sich die Erziehungskompetenz zusammen setzen soll. So lassen sie das, was sie eigentlich messen sollen unbestimmt und behelfen sich mit Allgemeinplätzen, bzw. legen ihrem Gutachten ihre ganz persönlichen und subjektiven Vorstellungen von Erziehung zugrunde. Dies dürfte auch die Erklärung dafür sein, warum Gutachten in Familiengerichtsverfahren aus (erziehungs-)wissenschaftlicher Sicht überhaupt nicht haltbar sind und wissenschaftliche Begründungen für die dort gefällten Urteile gar nicht oder nur unzureichend vorhanden sind.

Gerne wird in Gutachten mit "Erziehungsstilen" gearbeitet, d.h. die Komplexität erzieherischen Verhaltens wird auf wenige eingängige "Stile" reduziert. Diese Vorgehensweise mag ökonomisch sein und man kann sich mit dieser "Krücke" sprachlich über Erziehungsaspekte verständigen. Die Wertung allerdings bleibt im subjektiven Bereich des Gutachters und wird nicht diskutiert.

So wird der Anschein einer Wertfreiheit und Wertneutralität geweckt. Hier hinkt sogar der Verweis auf die "wissenschaftliche" Erziehungsstilforschung, denn:
"Vor allem an der empirisch-analytischen Wissenschaftsauffassung orientierte Forscher klammern Entscheidungen über Zielsetzungen erzieherischen handelns meist völlig aus und weisen diese anderen, außerwissenschaftlichen Instanzen zu. (..).Diese strikte Ziel-Mittel-Trennung kollidiert jedoch mit dem auch in empirischen Arbeiten zu Erziehungsstil vorwiegend benutzten "kryptonormativen Vokabular". Unterscheidungen wie "demokratisch und autokratisch" oder sozialintegrativ und autoritör" sind mit bestimmten gesellschaftlichen und politischen Bedeutungen behaftet, die Wertpräferenzen suggerieren und damit die vorgebliche Neutralität empirischer Aussagen von vornherein unterlaufen." (Zitat aus: Dieter Lenzen, Pädagogische Grundbegriffe Bd.1, Rowohlt, Seite 479)

Klare Verhältnisse mit eindeutigen Kindeswohlgefährdungen, wie Missbrauch und Misshandlungen, lassen sich auch ohne Gutachter leicht klären. Zu diesen Fragen gibt es gesellschaftliche Übereinkünfte.

Wenn es um die "Erziehung" geht, sieht das allerdings völlig anders aus. Wir leben in einer sog. pluralen Gesellschaft und die Erziehungswissenschaft kennt daher auch "plurale" Anschauungen darüber, wie "Erziehung" aussehen könne. Hier hilft zwar die Psychologie festzustellen, ob die eine oder andere Verhaltensform zu unterschiedlichen ggf. entwicklungsschädlichen und anderen Konsequenzen führen kann. Doch eine Aussage zur Erziehungsfähigkeit geht weit darüber hinaus und kommt dem Versuch eines Blinden gleich, welcher ungefähr die Richtung einer aufgestellten Zielscheibe kennt und dann auf den Mittelpunkt zielt ...



FAZIT:

Viele psychologische Gutachter "glauben" daran, Faktoren der "Erziehung" erfassen zu können und damit eine Aussage zur "Erziehungsfähigkeit" treffen zu können. Im deutschen "psychologischen Gutachterwesen" fehlen meist Selbstreflexion und Selbstkritik. Zu sehr sind Gutachter finanziell abhängig von ihren Auftraggebern. Eine Verantwortungsübernahme für die zu Begutachtenden und für die Folgen einer "fachpsychologischen" Stellungnahme sucht man vergebens. Nur wenige Gutachter weisen darauf hin, welche Sachverhalte mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffen und nur wenige unterlassen wissenschaftlich nicht klar feststellbare, stigmatisierende, die Zukunft nachhaltig beeinflussende Empfehlungen an die Famileingerichte. Gleichfalls vermisst man Hinweise darauf, welchen Grenzen grundsätzlich Gutachten ausgesetzt sind. Auch etwaige "Nebenwirkungen" bleiben außer Acht.

(Gute) Erziehungswissenschaftler "wissen", dass Erziehung komplex ist und de facto nur in Teilbereichen und auch dort nur sehr oberflächlich "gemessen" und "beobachtet" werden kann. In der Erziehungswissenschaft existiert aus diesem Grunde ein Begriff wie "Erziehungsfähigkeit" nicht.


Pseudowissenschaft in familiengerichtlichen Gutachten

http://jugendamtwatch.blogspot.de/2012/03/pseudowissenschaft-in.html











"Am Anfang war Erziehung" heißt ein bekanntes und sich kritisch mit "Erziehung" auseinandersetzendes Buch von Alice Miller.

 Miller, Alice: "Am Anfang war Erziehung"; Frankfurt/Main, Suhrkamp, 1980


Die 80er Jahre liegen einige Zeit hinter uns und in den heutigen Zeiten gesellschaftlichen Umbruchs und damit einhergehenden Ängsten und Unsicherheiten der Menschen wird der Erziehungsgedanke nach der damaligen Kritik wieder aus der Schmuddelecke geholt und höher gehandelt. Dass im familiengerichtlichen Diskurs gleichzeitig der Begriff des "Kindeswillen" eine hohe Aufmerksamkeit erfährt, verwundert dann aber doch, da konventionell vertandende Erziehung ja gerade darauf gerichtet ist, den originären Willen des Kindes mittels positiver Verstärkung oder negativen Sanktionen zu manipulieren und so den Willen des Kindes nicht so zu belassen wie er sich spontan zeigt.
Wenn es die Tätigkeit Erziehung gibt, so kann man meinen, muss es auch eine Erziehungsfähigkeit geben, die uns darüber Aufschluss geben soll, wie gut oder schlecht jemanden die Erziehung gelingt. Das ist so ähnlich wie mit dem Begriff der Arbeit. Wenn es die Tätigkeit Arbeit gibt, muss es auch eine Arbeitsfähigkeit geben. Wenn wir aber über Arbeitsfähigkeit sprechen, werden wir immer sagen, welche Arbeit wir meinen. So z.B. bei der Arbeit eines Müllfahrers. Hier werden wir in der Regel nicht auf die Idee kommen, einer Frau zu unterstellen, sie wäre nicht arbeitsfähig, nur weil sie die schweren Mülltonnen nicht vom Hof bis zum Müllfahrzeug rollen und einhängen kann. Ähnlich bei einem Mann der beim Bügeln lauter Falten in die Hose bügelt. Hier werden wir deswegen nicht behaupten der Mann könne nicht arbeiten.
Im familiengerichtlichen Diskurs wird der Begriff "Erziehungsfähigkeit" oft verwendet. Außerhalb des Bereiches familiengerichtlicher Verfahren spielt dagegen, soweit zu sehen, dieser Begriff keine Rolle. So werden sich zwar viele Lehrer über die Erziehungskompetenz der Eltern ihrer Schüler Gedanken machen, ohne dabei jedoch auf die Idee zu kommen, den Begriff "Erziehungsfähigkeit" zu benutzen, geschweige denn untersuchen zu wollen, wie es um die Erziehungsfähigkeit der Eltern bestellt wäre.
Ganz anders dagegen in familiengerichtlichen Verfahren. Hier wird häufig der Begriff "Erziehungsfähigkeit" benutzt, obwohl dieser Begriff im Gesetz an keiner einzigen Stelle zu finden ist.
Wenn der Begriff der Erziehungsfähigkeit im Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung entbehrlich ist und noch dazu je nach vorherrschender Sichtsweise ganz andere Kriterien erfüllen muss, wozu bedarf es dann überhaupt dieses fragwürdigen Begriffes? Offenbar für selektionsorientiertes familiengerichtliches Denken und Handeln. In diesem Denkschema geht es darum, den für das Kind "besseren Elternteil", also "erziehungsfähigeren" Elternteil herausfinden zu wollen, der abschließend durch familiengerichtlichem Beschluss auch rechtlich als solcher ausgezeichnet werden soll, so z.B. mit dem alleinigen Sorgerecht oder dem alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Die Fragwürdigkeit des Begriffes "Erziehungsfähigkeit" schließt es nicht aus, sich über qualitative Aspekte der Erziehung von Kindern Gedanken zu machen. Eine Diskussion um solche qualitativen Aspekte von Erziehung kann sinnvoll und nützlich sein. In dem Moment, wo Fachkräfte jedoch eine quantitative Diskussion beginnen, bei der sie behaupten,
"Erziehungsfähigkeit" messen zu können, gerade so als ob man bei einem Thermometer die Temperatur ablesen würde, kann man fachliche Inkompetenz vermuten. Wenn dann noch behauptet wird, es gäbe eine "Erziehungsfähigkeit an sich" und eine "Erziehungsunfähigkeit" an sich, so ist das ausgesprochener Schwachsinn, um das mal ganz unverblümt zu sagen. Es gibt keine Erziehungsunfähigkeit, denn bestimmte, wenn auch eingeschränkte Ressourcen zur Erziehung seiner Kinder hat jeder Elternteil.










Eigentlich sind es Erziehungswissenschaftler, welche sich originär mit "Erziehung" theoretisch und wissenschaftlich auseinander setzen.

Psychologen kennen dieses Fachgebiet - dann eher unter "psychologischen" Aspekten und damit leider auch nur in Ausschnitten. Auch wenn die meisten Psychologen sich kaum mit Erziehungswissenschaft, ihren Theorien und Fragestellungen auseinander gesetzt haben, beurteilen Psychologen z.B. in gerichtlichen Begutachtungen, wagemutig, inwiefern eine Person "erziehungsfähig" sei.

Dabei werden auch die eigenen fachlichen Grundsätze außer Acht gelassen und die Begriffe "Erziehungskompetenz" bzw. "Erziehungsfähigkeit" bleiben undefiniert und werden nicht operationalisiert. (siehe: Operationalisierung).

Denn spätestens beim Versuch diese Begrifflichkeiten zu untersuchen, werden wissenschaftlich kompetent tätige Psychologen feststellen, dass sich die Frage nach der Erziehungsfähigkeit mit psychologischen Mitteln nur in einzelnen Ausschnitten und nur beschränkt "erfassen" und "messen" lässt. Nichts desto trotz, werden mit Freude Fragestellungen rund um die vage Vorstellung der Erfassung einer "Erziehungsfähigkeit" in gut bezahlten Gutachten für Familiengerichte aufgenommen, welche sich im Prinzip mit psychologischen Methoden nur unzureichend, wenn überhaupt und mit großen Mängel behaftet, beantworten lassen.

So wird mutig Erziehung auf einige Handlungsprinzipien reduziert und letzendlich willkürlich festgestellt, wie eine "optimale" Erziehung auszusehen hat. Eltern werden für "erziehungsunfähig", für "eingeschränkt erziehungsfähig" oder gar für "erziehungsunfähig" erklärt, mit dem Ergebnis, dass familiengerichtliche Entscheidungen unter pseudowissenschaftlichem Label zustande kommen und in unzulässiger Weise Lebensschicksale produziert werden.

In solchen Gutachten werden auch die eigenen Fachprinzipien, wie Empirie und wissenschaftliche Analyse der zu untersuchenden Variablen, - wohl aus Gründen fehlender theoretischer Reflexionsmöglichkeiten und mangelnder erziehungswissenschaftlicher Kenntnisse - völlig außer Acht gelassen.

Vermutlich geht es ja auch weniger um eine wissenschaftliche Annäherung an die Möglichkeiten und Probleme von Erziehung, es geht auch weniger um die wissenschaftliche Durchdringung der äußerst hohen Komplexität der in der Erziehung stattfindenden Prozesse, sondern es geht aus meiner Sicht um unangemessene Omnipotenzphantasien und die kommerzielle Ausschlachtung von Erziehungsfragen durch selbst ernannte psychologische "Erziehungsexperten" Unter Ausnutzung der Bedürfnisse eines jeden im Erziehungsbereich tätigen und von Natur aus vorhandenen Interesses zu Fragen der Erziehung,wird deren
Suche nach "Rezepten" für erzieherisch angemessenes Handeln...
mit lizensierten! und damit für die Experten "gewinnbringenden" Handlungsmaßnahmen in Kochbuchmanier beantwortet........ Die Rezepte stammen aus dem Methodenrepertoire erfolgreicher Verhaltenstherapie und aus den, der Urgroßmutter - bzw. Großmuttergeneration noch wohlbekannten "Erziehungsprinzipien", welche im Laufe der "Laissez-faire"-Erziehungsideologien in Vergessenheit geraten waren.......Anstatt Kohlekeller gibt es eine "Aus-Zeit" auf dem Stuhl oder im Zimmer.... Wie einst werden Prinzipien schematisch angewendet und die "psychologischen" Wirkungen der Erziehungshandlungen ausgeblendet......

Während sich Erziehungswissenschaftler darüber einig sind, dass sich Erziehung nicht auf ein paar "Rezepte" reduzieren lässt, sehen sich einige - eher weniger kritisch denkende - Psychologen berufen, Erziehung auf verschieden konstruierte "Konzepte, Verhaltensprogramme und Regeln" zu reduzieren....



Beispiel:

Mit Triple P (Beschreibung hier:Triple P ) haben Psychologen einen "Geschäftszweig" entwickelt, welcher - ähnlich z.B. der NLP-Ausbildungs- und Trainingsprogramme, Trainer ausbildet und diese Trainer wiederum mit ihren Rezepten Eltern das Geld aus der Tasche zieht.....

Natürlich gibt es in solchen Programmen immer auch Aspekte, welche sinnvolle und stützende Elemente enthalten. So schließe ich mich durchaus der Ansicht von Herrn Prof. Dr. Günther Deegener und Prof. Dr. Klaus Hurrelmann in ihrer kritischen Stellungnahme zum Triple P-Programm an. (Kritische Stellungnahme zum Positive Parenting Program (Triple P)

Dabei geht es nicht mehr um die generelle Befürwortung oder Ablehnung von Elternkursen, denn deren Notwendigkeit und vermehrte Angebote werden als unabdingbar angesehen - vielmehr bedarf es der verstärkten Diskussion um die Inhalte, Zielsetzungen und Zielgruppen von Elternkursen sowie damit untrennbar verbunden von Erziehungsinhalten, -zielen und -maßnahmen.

Gleichzeitig verbergen sich dahinter auch Risiken. Denn Erziehung sollte die individuellen Eigenschaften und Bedürfnisse eines Kindes berücksichtigen und auf die Situation in der Familie und das entsprechende Umfeld abgestimmt sein. Diese Vielseitigkeit lässt sich nicht auf einige wenige "Prinzipien" reduzieren:

So werden im Triple P-Programm 5 Prinzipien verfolgt (Zitat Kritik Deegener/Hurrelmann Seite7):
A.) Sorgen Sie für eine sichere und interessante Umgebung
B.) Regen Sie ihr Kind zum Lernen an
C.) Verhalten Sie sich konsequent
D.) Erwarten Sie nicht zuviel
E.) Beachten Sie Ihre eigenen Bedürfnisse

Die Autoren Deegener und Hurrelmann sehen hier zu Recht die Gefahr, dass in den Triple P-Konzepten die Erziehung auf eine " rigide, dressurmäßige, kochbuchhafte Erziehungshaltung hinausläuft" (Zitat S.7). Außerdem weisen die Autoren darauf hin, dass die eng gesetzten Verhaltenserwartungen und -normierungen die Gefahr einer erzieherischen Überforderung (d.h. nicht an das Intelligenzalter des Kindes angepasst) und einer Erziehung zur "Überangepaßtheit" (Unterdrückung des eigenen Willens, Erziehung zum Ja-Sager.....) besteht. So besteht die Gefahr, dass sich die ursprünglich sinnvollen Verhaltenserwartungen im Alltag ins Gegenteil verkehren können.
Äußerst fragwürdig ist z.B. die Feststellung der Triple P-Autoren im Programm ihrer "Kleinen Helferlein" (Zitat Kritik Deegener/Hurrelmann Seite18):

„In der ersten Nacht weint Ihr Kind vielleicht einige Minuten oder sogar Stunden. Es wird sich in den Schlaf weinen. ... Ignorieren Sie Ihr Kind, wenn es ruft oder weint, es erleidet dadurch keinen Schaden.”

Eine derartige Feststellung ist rein subjektiv und weit entfernt von einer wissenschaftlich begründeten Ansicht. Hier werden auch fachkundige Psychologen und Kinder-und Jugendlichenpsychotherapeuten ihre Einwände haben, denn:
Ob das Kind - wenn es sich stundenlang in den Schlaf weint - keinen Schaden nimmt, kann niemals generell behauptet werden. Je nach individuellem und situativem Empfinden des Kindes kann solches Handeln sehr wohl zu einer ungewollten "Deprivation" und zu Ängsten, ja sogar Traumatisierungen führen, mit entsprechenden Folgeschäden, welche aus der entsprechenden Forschung zu dieser Fragestellung bereits empirisch belegt worden ist.(siehe: www.stangl.eu: Deprivation oder Deprivation und Angst (Arbeitsblältter Stangl-Taller)

An diesem Beispiel zeigen die Autoren Deegener und Hurrelmann die hinter dem Triple P-Programm liegende Problematik auf und kommen zu der Schlussfolgerung (Zitat Seite 25)
Der gesamte Tenor dieses ‘Kleinen Helfers’ geht eher in Richtung auf eine kochbuchhafte Erziehungsanleitung, wobei die einzelnen Schritte extrem penibel, konsequent, rigide und rezeptmäßig eingehalten werden müssen. Durch die Vernachlässigung der psychischen Vorgänge bei Kind und Eltern, der Beziehungsaspekte zwischen ihnen, der situationalen Gegebenheiten, der Erklärungen und Begründungen von Eltern für ihre Erwartungen und Handlungen sowie auch der alters- und reifegemäßen Besonderheiten der Kinder bekommt
dieser ‘Kleine Helfer’ eher einen ausgeprägt dressurmäßigen, roboterhaften Zuschnitt.

In Punkt 3. (Zitat Kritik Deegener/Hurrelmann, Seite 28) untersuchen die Autoren die Erwartungen des Triple P-Programmes:

3. Welche Erwartungen/Normenvorgaben kommen in den ‘Kleinen Helfern’ bezüglich des Verhaltens der Kinder zum Ausdruck?
Probleme sehen die Autoren, wenn die empfohlenen Erziehungsmittel "inflationär" angewendet werden. Über die Notwendigkeit von Grenzen in der Erziehung besteht Einigkeit, allerdings haben wir das Problem, wie, d.h. auf welche Art und Weise Grenzen gesetzt werden. Hier beginnen die Probleme, weil jede erzieherische Handlung auch Reaktionen beim Edukanden (= das Kind, = die Person, welche erzogen werden soll) auslöst und je nach Persönlichkeit und Intelligenz individuell - mit all seinen Konsequenzen - vom Edukanden verarbeitet wird.(siehe dazu auch die Ausführungen der Autoren Deegener/Hurrelmann Seite 36/37)

Zitat Kritik Deegener/Hurrelmann Seite 38:
Auch wenn hier betont werden soll, dass in den ‘Kleinen Helfern’ durchaus auch viele Elemente dieser „dritten Dimension” zu finden sind, so ergibt sich dennoch letztlich, dass Triple-P diese zukunftsorientierte, demokratische und humane Dimension in der Erziehung stark vernachlässigt zugunsten einer Überbetonung auf Anpassung und Gehorsam.

Die Eltern werden ein- bzw.angewiesen, bei unterschiedlichsten Verhaltensweisen der Kinder (welche sie als problematisch ansehen) nach insgesamt gesehen relativ wenig vorgegebenen
Schablonen (Regeln, Plänen, Zeitabläufen, Belohnungssystemen usw.) sich in mehr oder weniger vorgeschriebener Weise zu verhalten (was auch die Gefahr eines roboterhaften Verhaltens beinhaltet). Ob damit (also ganz überwiegend auf lerntheoretischer Basis) die Eltern wirklich hinreichend erziehungskompetent sind in dem Sinne, dass ihre subjektiven Kontrollüberzeugungen wachsen und sie den Eindruck gewinnen, der unendlichen Zahl von Erziehungssituationen größtenteils hinreichend gewachsen zu sein, wird bezweifelt.

Außerdem ist zu fragen, ob es gut ist, den Eltern durch das „Positive Erziehungsprogramm” sozusagen den einzig richtigen Heilsweg aufzuweisen. Eltern, die sich selbst, ihre Erziehungsvorstellungen, ihre Beziehung zum Kind, die Entwicklung von Kindern usw. umfassender verstehen lernen aufgrund breiter angelegter Konzepte, werden sicherlich flexibler in der Erziehung reagieren und eine tragfähigere Beziehung und tiefere Bindung zu ihrem Kind aufbauen und aufrecht halten können - sie werden dabei sicherlich auch auf lerntheoretische, verhaltenstherapeutische Hilfsangebote zurückgreifen, aber eben auch z.B. auf Elemente der Elternseminare von Gordon und der Elternkurse „Starke Eltern - Starke Kinder” des Deutschen Kinderschutzbundes oder der Elternschulung von Penthin oder den Elternbriefen usw. (siehe z.B. auch die 8. Sitzung aus: „Early Childhood Parenting Skills. A
Prgogram Manual for the Mental Health Professionals” von R.R. Abidin - Psychological Assessement Resouces Inc, 1996 - , in der die Eltern diskutieren und lernen, die Schwellen zu einem zu permissivem Erziehungsstil einerseit sowie zu einem zu stark disziplinierendem Erziehungsstil erkennen zu lernen).

Und ein weiterer Problempunkt wird von den Autoren unter die Lupe genommen. Denn es ist die Frage zu stellen, welche Vorstellung hier vom "Kind" als "Erziehungsobjekt" vertreten wird undwelches Erziehungsziel mit dieser Form von Erziehung verfolgt wird. Können wir mit Hilfe einer solchen Erziehung ein Kind "formen" (=> hier stellt sich die Frage, ob diese implizite Vorstellung in Erziehungsprogrammen überhaupt realistisch ist, siehe auch "retroaktive Sozialisation") - Zitat Kritik Deegener/Hurrelmann
Seite 40:
Letzteres berührt den Punkt von Ressourcen, Fähigkeiten, Selbsthilfepotentialen,Einsichten, Wissen usw. von Eltern und Kindern. In seiner einseitigen Ausprägung erinnert Triple P in diesem Zusammenhang z.B. etwas an die Einstellung von Pädagogen früherer Jahrhunderte, wonach den Kindern Vernunft abgesprochen wurde und sie somit nicht durch den Appell an den Verstand, sondern alleinig über Zähmung und Zucht erzogen („gebildet”) werden konnten. Verhaltensänderungen aufgrund von Einsichtsfähigkeit und Vernunft, aufgrund eigener Überlegungen und Selbstinstruktionen oder Gesprächen mit Mitmenschen usw. finden im
Rahmen solcher Vorstellungen zu wenig Platz.

Als Erziehungswissenschaftlerin kann ich es kaum fassen, dass der natürliche Prozess der Erziehung und entsprechende Konzepte auch noch mit Lizenzen versehen werden um "Erziehungskonzepte" kommerziell ausgerichteter Vermarktung zugänglich zu machen. Es wird - ähnlich wie in der Pharmaindustrie - behauptet, man habe empirische Belege für seine Wirksamkeit.......Details sind nicht bekannt.......:

In zahlreichen Ländern gibt es mittlerweile Lizenznehmer, die mit Triple P arbeiten dürfen. In Deutschland sind wir das, die PAG Institut für Psychologie AG. Ein Teil unserer Einnahmen wird an den Lizenzgeber, Triple P International Pty Ltd abgeführt.(Zitat aus:Wir über uns - Triple P Deutschland - Urheberrechte und Lizenzen )

Ein großer Aufschrei ging durch unsere Republik, als in Fragen der Sterbehilfe Herr Kusch die Gründung eines kommerziellen "Sterbehilfeunternehmens" (siehe: Wenn der Glaube an Gott das Mitgefühl verdrängt....) ankündigte. Wenn es um Erziehung geht, dann scheint sich die Politik um die Frage der Kommerzialisierung nicht zu scheren.......


"Das dressierte Kind" oder "Psychologen und das Geschäft mit der Erziehung"

 http://jugendamtwatch.blogspot.de/2012/03/das-dressierte-kind-oder-psychologen.html

 






Unfähige Gutachter glauben, die "Erziehungsfähigkeit" messen zu können...

...und deshalb glauben Juristen an psychologische und pädagogische Märchen...........

So behauptete ein Familienrichter, dass er davon überzeugt sei, dass die Gutachterin F. aus Laer tatsächlich in der Lage sei, über die Beobachtung einer halbstündigen Mutter-Kind-Interaktion herausfinden zu können, ob die Mutter in der Lage sei, kindangemessen mit ihrem Baby umgehen zu können.......

Die Märchentanten und Märchenonkels sind jene Gutachter, welche landauf und landab regelmäßig behaupten, sie könnten die Erziehungsfähigkeit mit psychologischen Methoden messen............

Verursacht haben diesen mittelalterlich anmutenden Wissenschaftsglauben zahlreiche unzureichend ausgebildete Psychologen und Pädagogen, welche ihren Lebensunterhalt mit ihrer Gutachtertätigkeit bestreiten und glauben, dass ihr oft Jahrzehnte zurück liegendes Psychologie- und Pädagogikstudium sie dazu befähigt habe, Menschen beweiskräftig "ausmessen" zu können. Richter schließen sich gutgläubig jenen omnipotenten und sich selbst überschätzenden GutachterInnen an und formulieren von GutachterInnen nicht zu beantwortende Fragestellungen wie z.B. am
25.05.2004 das Amtsgericht Mönchengladbach-Reydt:
"Es soll ein kinderpsychologisches Gutachten über die Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern eingeholt werden."
Auf geheimnisvolle Art und Weise kommen dann GutachterInnen zu dem Schluss:
"Aus psychologischer Sicht sind die Kindeseltern XY erziehungsunfähig"
Ein Gutachten mit einer solchen Schlussfolgerung ist nicht mit wissenschaftlichen Methoden erstellt worden und ist aus diesen Gründen nicht gerichtsverwertbar und beweiserheblich. Denn diese Gutachten geben vor, etwas gemessen zu haben, was so überhaupt nicht messbar ist.

Wer so gutachtet, läuft Gefahr, mit Schadensersatzansprüchen aus einem Falschgutachten haften zu müssen.Hier gilt dann nur noch das Prinzip: Wo kein Kläger ist kein Richter. Wehe, wenn die Betroffenen, sich gegen solche pseudowissenschaftlichen Gutachten wehren. Eine Gutachterin kostete ein solches Falschgutachten 30.000 Euro. Denn Gutachten müssen dem Stand der Wissenschaft entsprechen und dürfen nicht vorgeben, etwas zu messen, was man gar nicht messen kann.

Warum lässt sich nun eine "Erziehungsfähigkeit" gar nicht messen?

Das Wort "Erziehungsfähigkeit" unterstellt, dass Menschen eine "angeborene" und messbare Eigenschaft oder Fähigkeit besäßen, zu erziehen. Es wird unterstellt, dass man Menschen nur nach bestimmten Merkmalen untersuchen müsse und dann sagen könne, dass sie die Fähigkeit hätten zu erziehen. Dabei wird eine künstliche Unterteilung unternommen zwischen Menschen welche erziehen können und andere welche nicht erziehen können. Gleichzeitig wird unterstellt, dass für eine förderliche Entwicklung eines Kindes nur die "richtige" Erziehung zum Erfolg führe. Kinder werden hier wie ein Stück Knete betrachtet: Wer die richtigen "Modellierfähigkeiten" sprich Erziehungsfähigkeiten besäße, so wird geglaubt, kann aus dem Stück Knete einen psychisch gesunden Menschen formen......

Wenn Sie die Gutachter danach fragen, an welchen Merkmalen sie nun erkennen können, dass ein Mensch erziehungsfähig sei, bekommen sie grundsätzlich keine klaren Antworten und schon gar keine wissenschaftlich fundierten Begründungen. Denn:


Das Konstrukt „Erziehungsfähigkeit“ birgt dabei folgende Schwierigkeiten, welche in gutachterlicher Hinsicht zur Unmöglichkeit einer Beantwortung der Beweisfrage führt:

Das Konstrukt "Erziehungsfähigkeit" kennt weder die Pädagogik (=Wissenschaft von der Erziehung) noch die Sozial-Pädagogik:
In den Erziehungswissenschaften ist eine „Erziehungsfähigkeit“ als besondere mess- oder beschreibbare Eigenschaft nicht bekannt. Jeder Sozialarbeiter oder Sozialpädagoge der behauptet man könne "Erziehungsfähigkeit" konkret umschreiben hat keine Ahnung.

Das Konstrukt "Erziehungsfähigkeit" ist auch in der Psychologie unbekannt
Auch die wissenschaftliche Psychologie kennt das Konstrukt „Erziehungsfähigkeit“ nicht: Siehe dazu die Ausführungen von Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner, Oerlinghausen (in: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht - FamRZ, 1989, Heft 8, Seiten 804-809,Vertrauensgrenzen des psychologischen Gutachtens im Familienrechtsverfahren)
„ In den psychologischen Sachverständigengutachten finden sind immer wieder Aussagen über die Eignung der Eltern zur Erziehung ihres Kindes. Die Vorstellung, eine positiv zu konstatierende erzieherische Eignung der Kindeseltern ließe sich als entscheidendes Kriterium feststellen, hat in der Tat etwas Bestechendes für sich. Unausgesprochen wird dabei von der Fiktion ausgegangen, beide Elternteile verfügten über eine graduell unterschiedliche erzieherische Eignung, und dies ließe sich auch noch mit der wissenschaftlich gebotenen Exaktheit diagnostizieren. Leider haben wir aber keine speziell für die erzieherische Eignung geeichten psychologischen Untersuchungsverfahren. Darum sind Aussagen über ein Mehr oder Weniger an erzieherischer Eignung bei den Kindeseltern Extrapolationen anderer Untersuchungsergebnisse, also nicht exakt, wenn sie nicht gar subjektive Meinungen und Deutungen sind.“(Zitat Ende – Hervorhebungen Unterzeichner)
Es existieren keine anerkannten wissenschaftlichen Methoden um das Konstrukt „Erziehungsfähigkeit“ in beweiserheblichem Sinne messen zu können.

Auch wenn die Autoren Westhoff und Kluck hier glauben, es handele sich um seltene Fälle, wenn das Gericht Fragestellungen vorlegt, zu denen in der Psychologie kein Wissen vorliegt:
„In seltenen Fällen werden Fragestellungen geäußert, zu denen in der Psychologie kein Wissen vorliegt bzw. kein Wissen vorliegen kann, weil die empirische Untersuchung solcher Sachverhalte prinzipiell nicht möglich ist. [..] Handelt es sich also um eine prinzipiell nicht zu beantwortende Fragestellung, so erklären wir dies dem Fragesteller. Im Gespräch kann eventuell gemeinsam eine Fragestellung zur Lösung des Problems gefunden werden, die auch untersucht werden kann.“(Westhoff, Karl, Kluck, Marie-Luise „Psychologische Gutachten schreiben und beurteilen, 5., vollst. überarb. u. erw. Aufl., 2008, X, 280 S., Geb. ISBN: 978-3-540-46837-0)
so sagen sie ganz klar, wie ein Gutachter zu reagieren hat, damit er seinen Auftrag erfüllen kann.


FAZIT:
Eine wissenschaftlich fundierte Aussage zur Frage, ob jemand erziehungsfähig sein soll, ist nicht möglich. Im juristischen Sinne lässt sich daher weder beweisen ob jemand „erziehungsfähig“ ist, noch lässt sich generell eine Aussage treffen, dass eine Person „erziehungsunfähig“ sein könne. Auch die öfters in Gutachten anzutreffende Feststellung einer „eingeschränkten“ Erziehungsfähigkeit lässt sich mit wissenschaftlichen und damit beweiserheblichen Methoden nicht belegen.

Jedes Gutachten welches für sich in Anspruch nimmt, die Erziehungsfähigkeit gemessen zu haben ist nicht verwertbar !

Daher sollten Sie umgehend einem solchen Gutachten widersprechen und ein Gegengutachten beantragen. Wichtig ist dabei darauf hinzuweisen, dass die Messung der Erziehungsfähigkeit mit den für Gutachten geforderten wissenschaftlichen Methoden nicht möglich ist.
Nach Abschluss des Verfahrens sollten Sie solche Gutachter verklagen, denn sie haben ihr Gutachten nicht nach wissenschaftlichen Grundsätzen verfasst. Bleibt Ihnen nur zu wünschen, dass das Gegengutachten von einem Gutachter erstellt wird, welcher die notwendige Kompetenz hierfür hat, denn Untersuchungen haben ergeben, dass mehr als 50% der Gutachten nicht den geforderten wissenschaftlichen Standards entsprechen....








Die Irrenhaus-Macher - Binnenstruktur einer erbarmungslosen Maschinerie von Justiz und Gutachterwesen, die auf Einzelne angesetzt wird: „Unschuldige sind mit Berufsverbot belegt, mit Festnahmen und Hausdurchsuchungen eingeschüchtert worden, Kinder sind ihrer Eltern beraubt worden, ihrer Identität, ihrer psychischen und psychischen Unversehrtheit beraubt – oft für ein ganzes Leben.“




Erziehungsfähigkeit


2 Kommentare:

  1. Wir weisen in diesem Zusammenhang noch einmal auf ein BGH Urteil hin:


    http://www.vaterlos.eu/urteile-familienrecht/bgh-entscheidet-begutachtung-nicht-erzwingbar/

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    1. Anonym09:11

      Sehr guter Artikel und sehr gute Aufklärung ich danke die und der jenige der es veröffentlicht hat ich möchte sowas auch mal mit einen Fall den ich habe veröffentlichen nur kenne ich mich damit nicht aus

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